STAEDTLER

Was ist Geschichte wert?

Einen inter­es­san­ten Ein­blick in die Arbeit am und mit dem Archiv von STAEDTLER bie­tet der bup­cast #5 „Archiv-​Schätze“ der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­agen­tur für History-​Marketing Birke und Part­ner unter dem Titel „Was ist Geschichte wert?“. Mit Britta Ender, Head of Brand & Com­mu­ni­ca­ti­ons bei STAEDTLER, spra­chen Dr. Bet­tina Fettich-​Biernath und Peter Liszt.

Birke und Part­ner unter­stützt STAEDTLER bereits seit fünf Jah­ren beim Auf­bau, der Kon­ser­vie­rung und der Ver­füg­bar­ma­chung des Unter­neh­mens­ar­chivs. Dazu gehö­ren auch die Beant­wor­tung von Kun­den­an­fra­gen aus aller Wert und die Zusam­men­ar­beit mit ande­ren Museen; zudem hat man 2020 beim Jubi­läum der Marke „Noris“ und 2022 bei der Neu­ge­stal­tung des unter­neh­mens­in­ter­nen Muse­ums mit­ge­wirkt. – Ein wei­te­res Pro­jekt von Birke und Part­ner für STAEDTLER war die Kam­pa­gne „Stifte Made from Upcy­cled Wood“.

Sind sie’s, Herr Mohr?

Eine unge­wöhn­li­che Initiale fin­det sich im ers­ten Kapi­tel1 der Bro­schüre „Die Staedtler’schen Blei­stifte und ihr Ent­wick­lungs­gang“, die wohl aus den 1910er Jah­ren stammt.

Sind sie's, Herr Mohr?

Die Stämme des etwa vier­ein­halb Zen­ti­me­ter hohen „U“ sind – wen überrascht’s? – als Blei­stifte aus­ge­führt, wobei der eine mit dem wenige Jahre zuvor ein­ge­tra­ge­nen Mar­ken­na­men „MARS“ gekenn­zeich­net ist und der andere mit dem in die­sem Kon­text rät­sel­haf­ten „MOHR“, denn eine Marke die­ses Namens hatte STAEDTLER mei­nes Wis­sens nie.

Hat sich hier der Zeich­ner ver­ewigt, viel­leicht sogar mit grim­mi­gem Kon­ter­fei nebst qual­men­der Zigarre und Rie­sen­blei­stift? Da die Bro­schüre nicht ver­rät, wer an ihr mit­ge­wirkt hat, kann man nur mut­ma­ßen. Wie auch immer: Mir gefal­len die Details!

  1. Die ers­ten bei­den hier wie­der­ge­ge­be­nen Sätze finde ich übri­gens klasse.

Die Kunst der Kappe

Nach eini­gen geschicht­li­chen und tech­ni­schen Details des Hand­spit­zers heute ein kur­zer Blick auf die in mei­nen Augen sehr geschmack­volle Tauch­kappe des Tro­cken­mar­kers J.S. STAEDTLER MARS-​OMNICHROM1.

Die Kunst der Kappe

Wäh­rend viele Tauch­kap­pen ein­far­big und viel­leicht noch – wie z. B. beim STAEDTLER Mars Lumo­graph – durch einen Zier­ring vom Schaft abge­setzt sind, gibt es hier gleich zwei Zier­ringe und ein Käpp­chen2. Neben die­sem Auf­wand ist auch die Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät beein­dru­ckend, denn die Lacke sind gleich­mä­ßig, deckend und glatt und die Kon­tu­ren scharf. – Das Alter der Stifte schätze ich auf etwa 60 Jahre. Diese Zeit ist an ihnen jedoch nicht spur­los vor­über­ge­gan­gen, und so zei­gen sich feine Risse im gel­ben, gold­far­be­nen und wei­ßen Lack sowie leichte Ver­fär­bun­gen in letz­te­rem; dem Reiz die­ser schö­nen Stü­cke tut das aber kei­nen Abbruch.

  1. Im Bild der 2421 mit gel­ber Mine. – Er war für den Ein­satz auf allen glat­ten Ober­flä­chen gedacht und ist mei­nes Wis­sens der Urahn des Lumo­co­lor omni­chrom 108.
  2. Die Bezeich­nun­gen sind manch­mal her­stel­ler­spe­zi­fisch. So nannte z.B. Lyra das gold­far­bene Käpp­chen bei sei­nen Stif­ten „Gold­ver­schluss“.

Dünne Stifte von damals

Aus einem Kon­vo­lut alter Blei- und Kopier­stifte von von J.S. STAEDTLER: Drei sehr schlanke und wohl gut 100 Jahre alte Exemplare.

Dünne Stifte von damals

Die 15 cm lan­gen und 6 mm dün­nen Stifte waren ver­mut­lich für den Gebrauch mit einem Notiz­buch gedacht, wobei man sie in des­sen Rücken oder einer Schlaufe unter­brin­gen konnte; die soge­nannte Tel­ler­kap­sel beim № 907 ver­hin­derte das Durch­rut­schen. – Der Prä­ge­druck ist bemer­kens­wert aus­führ­lich und sorgfältig.

Dünne Stifte von damals

Zum Grö­ßen­ver­gleich ein J.S. STAEDTLER MARS-​LUMOGRAPH 2886

Der Här­te­grad der 2 mm dicken Blei­stift­mi­nen ent­spricht etwa dem des STAEDTLER Mars Lumo­graph 100 HB. Die eng­li­sche Kenn­zeich­nung des gel­ben Kopier­stifts LUNA 783 mit der teil­weise kor­ro­dier­ten Kappe lässt ver­mu­ten, dass er für den Export vor­ge­se­hen war. Sein Ver­wen­dungs­zweck ist mir jedoch unklar, denn sei­nen Abstrich kann man zumin­dest auf wei­ßem Papier nur schwer erkennen.

Ein wei­te­rer Hin­weis auf die Nut­zung die­ser Stifte fin­det sich in der Bro­schüre „Die Staedtler’schen Blei­stifte und ihr Ent­wick­lungs­gang“ (ver­mutl. 1910er Jahre), denn darin wird der „Brief­ta­schen­stift Nr. 912 mit Spit­zen­scho­ner“ aufgeführt.

Dünne Stifte von damals

Er ist dem „Memo­ran­dum“ im Foto sehr ähn­lich, hat aber keine Metallkapsel.

Sol­che dün­nen Blei­stifte sind heute nicht mehr üblich. Zu den noch erhält­li­chen gehö­ren der Viking Mikado und der L. Cor­ne­lis­sen Slim HB, doch eine über­ra­schend große Aus­wahl bie­tet der por­tu­gie­si­sche Her­stel­ler Viarco, der in sei­nem umfang­rei­chen Werbemittel-​Sortiment auch dünne runde und hexa­go­nale Blei­stifte in vier Durch­mes­sern von 3,9 bis 5,5 mm und vier Län­gen von 9 bis 18 cm hat. – Ähn­li­che Blei­stifte gibt es unter „Memo­ran­dum“, „Rank und schlank“ sowie „L. & C. Hardt­muth 1516“ zu sehen.

STAEDTLER STENO 111

Zu den jün­ge­ren1 Blei­stif­ten von STAEDTLER, die man kaum noch antrifft, gehört der STENO 111.

STAEDTLER STENO 111

Wann es ihn gab, kann ich nicht genau sagen, doch die Form des Mar­s­kop­fes lässt dar­auf schlie­ßen, dass er zwi­schen 1973 und 2001 erhält­lich war. In einem Ring­buch mit Pro­dukt­fo­tos, zusam­men­ge­stellt um 1970, sieht man den MARS-​STENOFIX 1012 zusam­men mit dem STAEDTLER-​STENO 111, der wohl der Vor­gän­ger des STENO 111 war und als güns­tige Alter­na­tive zum MARS-​STENOFIX 101 ange­bo­ten wurde.

STAEDTLER STENO 111

Wäh­rend der MARS-​STENOFIX 101 in 2B, B und HB ver­füg­bar war, gab es den STAEDTLER-​STENO 111 nur in einer – so die Angabe im Ring­buch – „Spe­zi­al­härte“. Auch der STENO 111 trägt kei­nen Här­te­grad; seine Härte ent­spricht etwa der des STAEDTLER MARS Lumo­graph B.

Ein sehr ähn­li­cher Blei­stift war der in den glei­chen Far­ben gehal­tene und in Eng­land3 gefer­tigte STAEDTLER SHORTHAND, der unter „Sta­tio­nery Archeo­logy 3“ zu sehen ist.

  1. Soll hei­ßen: Jün­ger als 50 Jahre.
  2. Der MARS-​STENOFIX 101 (spä­ter Mars sten­o­fix 101) war der Nach­fol­ger des 1935 ein­ge­führ­ten MARS-​STENOFIX 2884; seine Pro­duk­tion wurde Ende 2011 ein­ge­stellt.
  3. Das Werk in Pon­ty­clun wurde 2008 geschlos­sen.

Ein besonderer Lumograph

STAEDTLER fei­erte 1985 das 150-​jährige Fir­men­ju­bi­läum und brachte zu die­sem Anlass eine beson­dere Vari­ante des Mars Lumo­graph 1001 heraus.

Ein besonderer Lumograph

Mit gold­far­be­nem Prä­ge­druck auf drei Sei­ten und einem eben­sol­chen Zier­ring ist die­ser Lumo­graph auf­wän­dig und auf­fäl­lig gestaltet.

Ein besonderer Lumograph

Ich wüsste gerne, ob es noch andere Jubi­lä­ums­ar­ti­kel gab.

Ein besonderer Lumograph

Das war’s auch schon für heute.

  1. Damals „MARS-​LUMOGRAPH“; siehe „90 Jahre Lumo­graph“.

Patent Nr. 606145

Bei der bei der Suche nach etwas ganz ande­rem bin ich auf das Patent Nr. 606145 von J.S. Staedt­ler aus dem Jahr 1933 gestoßen.

Patent Nr. 606145

Unter dem Titel „Ver­fah­ren zur Her­stel­lung einer mehr­far­bi­gen, stern­för­mig unter­teil­ten zylin­dri­schen Schreib-, Zeichen- und Mal­mine“ heißt es:

Im Gegen­satz zu dem Bekann­ten wird gemäß der Erfin­dung von jeder Farbe ein zylin­dri­scher Kern ange­fer­tigt, jeder die­ser Kerne in meh­rere Teile von kreis­för­mi­gem Quer­schnitt zer­legt, durch Zusam­men­set­zen meh­re­rer sol­cher Teile von ver­schie­de­ner Farbe ein zylin­dri­scher Mehr­far­ben­kern gebil­det und die­ser zu einem fes­ten Gan­zen zusam­men­ge­presst. Dadurch wird die Her­stel­lung mehr­far­bi­ger Minen aus vie­len Tei­len in ein­fa­cher Weise ermög­licht. Das neue Ver­fah­ren ist im Wege fabrik­mä­ßi­ger Mas­sen­er­zeu­gung leicht aus­führ­bar mit den Ein­rich­tun­gen, die in jeder Blei­stift­fa­brik vor­han­den sind.

Mehr­far­big, stern­för­mig, zylin­drisch … Da war doch etwas.

Patent Nr. 606145

Genau – der STAEDTLER MARS-​REVISOR 2914.

Patent Nr. 606145

Die­ser Zweifarb-​Kopierstift mit rot-​grüner Mine, der in den 1940er und 1950er ange­bo­ten wurde, war wohl eine Umset­zung die­ses Patents, auch wenn im Doku­ment eine sechs­tei­lig und drei­far­big zusam­men­ge­setzte Mine beschrie­ben wird.

Inter­es­sant an Patent­schrif­ten finde ich oft die Beschrei­bung vor­he­ri­ger fehl­ge­schla­ge­ner Ver­su­che (nicht not­wen­di­ger­weise vom Anmel­der des Patents). So hat man ver­schie­den­far­bige Schreib­mas­sen ver­mengt, was aber zu einem grob­kör­ni­gen Schreib­kern führte, der kei­nen zusa­men­hän­gen­den Abstrich lie­ferte. Das Ver­lei­men von zwei getrennt her­ge­stell­ten Stift­hälf­ten hatte eben­falls Nach­teile, denn es brachte nur Stifte mit zwei Far­ben her­vor und war fabrik­mä­ßig nicht umsetz­bar. Die Idee, mit­tels einer Matritze drei ver­schie­dene Ein­zel­mi­nen in geson­der­ten Farb­ka­nä­len zu bil­den und durch Pres­sen in einem gemein­sa­men Kanal zu einer drei­far­bi­gen Mine zu ver­ei­ni­gen, war ebenso wenig prak­ti­ka­bel, denn es gestal­tete sich schwie­rig, sol­che Matrit­zen zu bauen und sie so gleich­mä­ßig zu fül­len, dass alle Stem­pel gleich­zei­tig mit glei­chem Druck arbei­ten konn­ten. Das Ver­fah­ren von J.S. STAEDTLER hat jedoch funk­tio­niert und mit dem MARS-​REVISOR – und viel­leicht noch mit ande­ren Stif­ten – ein sehr anspre­chen­des Ergeb­nis hervorgebracht.

Patent Nr. 606145

Und wer hätte gedacht, dass gut 70 Jahre nach die­sem Patent der Künst­ler Gior­gio Poppi mit dem MARS-​REVISOR ein so schö­nes Werk schafft?

J.S. STAEDTLER 1919 (13)

Nach einer lan­gen Pause ein wei­te­rer Aus­schnitt aus dem Kata­log von J.S. STAEDTLER des Jah­res 1919.

J.S. STAEDTLER 1919 (13)

Die Blei­stifte STENOGRAPHIE 3251 und 326 gab es bereits vor 1908, und selbst diese waren nicht die ers­ten ihrer Art, denn sie folg­ten den Model­len STENOGRAPHIE 320, 321 und 324. Ich finde es bemer­kens­wert, dass der 326 nicht wie üblich rund, son­dern hexa­go­nal war. – Der letzte Steno-​Bleistift von STAEDTLER war der Mars sten­o­fix, der 1935 auf den Markt kam und bis Ende 2011 pro­du­ziert wurde.

← Blei­stift „Nor­mal“ | J.S. STAEDTLER 1919

  1. Zu Zedern-​Ersatzholz siehe „Blei­stift­höl­zer (6)“.
Nach oben scrollen