Fünf für Glück
Weder Photoshop-Trick noch optische Täuschung: Dieser Bleistift ist tatsächlich fünfflächig. Und damit hat es eine besondere Bewandtnis.
Zum Ausfüllen maschinenlesbarer Formulare, wie sie z. B. in Prüfungen verwendet werden, bieten manche japanische Hersteller sogenannte „Mark Sheet”-Bleistifte an, darunter Tombow und Pentel; einige haben außerdem passende Radierer im Sortiment1.
Das japanische Wort für „Bestehen“ (z. B. eine Prüfung) und auch „Erfolg“ ist 合格 („goukaku”) und das für „Fünfeck“ ist 五角 („gokaku”)2. Die sehr ähnliche Aussprache der beiden Wörter verleiht dem Fünfeck eine spezielle Bedeutung, die u. a. hinter dem Brauch steckt, fünfeckige und mit Wünschen beschriftete Täfelchen an Altäre anzubringen. Mit diesem „Mark Sheet“-Bleistift bringt Mitsubishi das positiv konnotierte Vieleck in die Welt des Graphits3 und in die Hände nicht nur von Prüfungskandidaten.
Material und Verarbeitung sind gut, aber nicht – wie bei vielen anderen Produkten dieses Anbieters – sehr gut, denn einige Unregelmäßigkeiten im Lack und beim Aufdruck mancher Exemplare trüben leider den Gesamteindruck. Auch der fehlerhafte Buchstabenabstand lässt die sonst übliche Sorgfalt vermissen.
Doch die 2 mm starke HB-Mine, geringfügig weicher als deutsche Stifte mit dem gleichen Härtegrad, ist bruchstabil, hat eine saubere Abgabe und bleibt lange spitz; trotz der guten Schwärzung ist sie wischfest und lässt sich fast rückstandsfrei radieren4.
Die strenge, auf das Wesentliche reduzierte Gestaltung spricht mich an, vor allem die zwei kontrastierenden Farbenpaare (schwarz/weiß, blau/orange). Sind diese eine Anspielung an den für das maschinelle Lesen so wichtigen Kontrast? – Ungewöhnlich: Der 17,5 cm lange Stift trägt weder Strichcode noch Artikelnummer, und so sind seine Form und sein Name (合格鉛筆, „goukaku empitsu“, salopp übersetzt „Erfolgsbleistift“) die einzigen Kennzeichen; sogar eine Blindprägung habe ich vergeblich gesucht.
Lässt der Querschnitt eine unergonomische Handhabung befürchten, so kann ich beruhigen – auch nach langem Schreiben hat mich keine Kante gestört oder gar gedrückt. Und selbst wenn: Wer würde sich dadurch schon vom Gebrauch eines solch attraktiven Bleistifts abhalten lassen? (Ich jedenfalls nicht.)
Ein Fünferpack (!) der ungespitzten, 8 mm dicken5 und nur in HB erhältlichen Stifte kostet 525 Yen (zurzeit knapp 4,70 Euro); gekauft habe ich ihn bei Bundoki. – Drei weitere Bleistifte für denselben Zweck zeigt „Mark Sheet pencils from Japan“ bei pencil talk.
- Der einzige hierzulande für diese Anwendung angebotene Bleistift ist der STABILO Micro 288 Exam Grade, den es in HB und 2B sowie mit passendem (und sehr gutem) Radierer gibt. – Ob diese Produkte die Erkennung beim OMR (Optical Mark Recognition) wirklich verbessern, konnte ich leider nicht herausfinden.↩
- Die der japanischen Sprache Kundigen mögen über kleine Ungenauigkeiten hinwegsehen, mich aber bitte auf grobe Fehler hinweisen.↩
- 2008 gab es Derartiges schon einmal; siehe „Goukaku pencil“ bei pencil talk.↩
- Getestet mit einem Faber-Castell Dust-Free 187129.↩
- Damit passt der Stift in handelsübliche Verlängerer.↩