Holzbleistifte
Graphit und Gravitation
Auch wenn sich die Geschichte, die russischen Kosmonauten hätten das Problem des Schreibens in der Schwerelosigkeit durch den Einsatz eines Bleistifts gelöst, während die NASA Forschungsmillionen in den „Space Pen“ investierte, schon vor langer Zeit als Mythos herausgestellt hat, so lebt doch der sympathische Gedanke weiter, ein großes Problem mit einfachen Mitteln lösen zu können.
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An diese Legende erinnern nicht nur einige Webseiten, sondern auch der – natürlich rot lackierte und mit goldenen Sternen dekorierte – „Russian Space Pen“ von npw. Einen Test unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit kann ich angesichts der allgegenwärtigen und kaum zu ignorierenden Gravitation leider nicht durchführen, aber das Schreiben über Kopf klappt hervorragend. Ist an dieser Geschichte vielleicht doch etwas dran? Ganz gleich: Auch im Bann der Erdanziehung kann der unscheinbare Bleistift bei kniffligen Dingen sehr gute Dienste leisten.
Vielen Dank an den zonebattler für den „Russian Space Pen“!
Markiges Marketing (3)
Mit einer in mehrfacher Hinsicht riesigen Sensation wartete der traditionsreiche Hersteller Schwan 1906 auf der Bayerischen Landesgewerbeausstellung in Nürnberg auf: Ein 30 Meter großer Bleistift, der besten Sorte „Aldebaran“ nachgebildet, überragte das Messegelände und diente gleichzeitig als Messestand; in den kleineren Bleistiften um ihn herum waren Schwan-Produkte zu sehen. – Die auf der 52 × 32 mm großen Reklamemarke genannte „Goldene Medaille“ ist die, mit der das Unternehmen als einziges seiner Branche auf der ersten Landesausstellung im Jahr 1882 ausgezeichnet wurde.
Nachtrag vom 20.3.12: Ein Foto des Riesen-Bleistifts gibt es hier.
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Triothello
Drei Fotos mit drei Details von drei Varianten des Schwan-STABILO Othello 282 HB und ein albernes Wortspiel – mehr gibt es hier an diesem frühen Montagmorgen nicht zu sehen.
Die gespitzt ausgelieferte Variante mit roter Kappe ist das aktuelle Modell; die anderen beiden stammen aus der Zeit zwischen 1930 und 1940.
The „Dragon“ Pencil
Ein historischer und ungewöhnlicher Bleistift: „The ‚Dragon’ Pencil“ aus dem Hause der Key Pencil Co. Bavaria.
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Der in einem warmen, sehr dunklen und glänzenden Rot lackierte, hexagonale Bleistift hat mit 17,5 cm Länge und 8 mm Durchmesser Standardmaße; seine Mine ist jedoch mit 2,7 mm recht dick. Neben der Nummer 4481 zeigt der silberfarbene Prägedruck einen kleinen Drachen, die Bezeichnung des Bleistifts, den Hersteller Key Pencil Co. Bavaria sowie den Härtegrad BB (wohl 2B).
Doch um wen handelt es sich bei der Key Pencil Co. Bavaria? Diese vermutlich 90 bis 100 Jahre alte Reklamemarke verrät es:
Die Key Pencil Co. war die 1821 gegründete Schlüssel-Bleistift-Fabrik von J.J. Rehbach in Regensburg, die sich – und da kann ich nur mutmaßen – für den Auftritt auf ausländischen Märkten einen weiteren Namen, nämlich die englische Übersetzung ihres ursprünglichen zugelegt hat. Die aufwändige und in meinen Augen sehr ästhetische Reklamemarke bietet neben deutschsprachigen Details und dem englischen Namen zudem Informationen in Französisch, darunter auch „Ratisbone“, die in Frankreich auch heute noch übliche und an das keltische „Ratisbona“ angelehnte Bezeichnung der Stadt. Ebenso vertreten sind die beiden gekreuzten Schlüssel, die nicht nur das Sinnbild der Firma J.J. Rehbach darstellten, sondern auch im Regensburger Wappen zu finden sind.
Warum der Name dieses Bleistifts so hervorgehoben wurde, ist mir ein Rätsel. Hatte er einen besonderen Status? War er als Marke bereits eingeführt und genoss einen guten Ruf? Die Gestaltung lässt jedoch vermuten, dass ihm spezielle Beachtung zuteil wurde.
Mine, Holz und Verarbeitung des „Dragon“ sind von hoher Qualität. Die weiche Mine hat eine hervorragende Abgabe und sitzt fest im dunklen Holz (Zeder?). Der Lack und der Prägedruck mit geschmackvoller Typografie wurden sorgfältig aufgebracht und sind gut erhalten. Ein hochwertiger Handspitzer wie z. B. der M+R 604 (im Bild) schneidet Holz und Mine sauber, und auch im Tischspitzer Carl Decade DE-100 macht der Bleistift eine gute Figur.
Mit seiner Gestaltung und seiner Qualität ist der „Dragon“-Bleistift, der wahrscheinlich für den Export gefertigt wurde, für mich eine kleine Kostbarkeit.
STABILO EASYgraph
Vor kurzem in meinem Briefkasten: Ein kleiner Umschlag mit einer großen Überraschung, und zwar mit zwei STABILO EASYgraph, einem für Rechts- und einem für Linkshänder. Der Umschlag trug keinen Absender, enthielt kein Schreiben und war obendrein unleserlich abgestempelt. Besonders bemerkenswert: Diese Bleistifte sind erst im vierten Quartal dieses Jahres offiziell erhältlich.
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Mit dem vor gut zwei Monaten auf der Paperworld vorgestellten EASYgraph richtet sich STABILO an Schreibanfänger. Auffälligstes Merkmal des dreiflächigen Bleistifts sind die leicht versetzt eingefrästen Griffmulden, die die natürliche Stifthaltung erleichtern sollen. Um den Bedürfnissen von Rechts- und Linkshändern gleichermaßen gerecht zu werden, gibt es den EASYgraph in zwei unterschiedlichen, farbig gekennzeichneten Ausführungen. – Mit den EASYcolors bringt STABILO auch Farbstifte in zwölf Farben und dem gleichen Design auf den Markt; weitere Informationen zur Ergonomie gibt es in den Pressemitteilungen.
Der EASYgraph, der auf mich einen äußerst guten Eindruck macht, ist 175 mm lang und 9 mm dick; in seinem Innern sitzt eine 4,5 mm starke Mine des Härtegrads HB. Er wurde in einem dunklen Graublau und nach dem Fräsen klar lackiert, so dass die in das Lindenholz sehr sauber eingebrachten Griffmulden beim Gebrauch nicht unansehnlich werden. Farbig kontrastierende, 5 mm lange Tauchkappen erleichtern die Identifikation des 8 g leichten Stiftes.
Neben dem Logo und dem Schriftzug des Herstellers zeigt der silberfarbene Prägedruck eine Hand, die Kennzeichnungen „R“ bzw. „L“ sowie „322/HB“ bzw. „321/HB“ (wohl die Artikelnummern). Daneben gibt es noch die Zahl „888“ und ein 29 × 4 mm großes, mit „name:“ benanntes Schriftfeld für die individuelle Kennzeichnung des Stifts. Hier gefällt mir sehr gut, dass die Ausrichtung des Drucks an die Orientierung des Stifts beim Gebrauch angepasst ist – neben der Hand, die dekoriert und informiert, ein kleines, sympathisches Detail, das den EASYgraph in meinen Augen noch attraktiver macht.
So irrational es klingen mag: Bis jetzt konnte ich mich nicht dazu durchringen, auch nur einen Stift zu benutzen oder gar anzuspitzen – noch zu kostbar sind mir diese Stücke, von denen zur Zeit wohl nicht allzu viele im Umlauf sein dürften. Einen gründlichen Praxistest der Stifte hole ich daher nach.
Die Ähnlichkeiten des EASYgraph zum im vergangenen Herbst markteingeführten LYRA GROOVE sind nicht übersehbar – oder verhält es sich vielleicht eher umgekehrt? Wer unter RCD-ONLINE nach der Design-Nummer 000604467-0001 sucht (ein direkter Link ist leider nicht möglich), findet ein am 16.10.06 (!) auf die Schwan-STABILO Schwanhäußer GmbH & Co. KG registriertes Geschmacksmuster für einen dreiflächigen Stift mit Griffmulden. Nun kenne ich mich mit patentrechtlichen Dingen überhaupt nicht aus (und will mich daher auch jeder Interpretation enthalten), aber etwas nachdenklich stimmt mich diese Sache schon.
Vielen Dank an den freundlichen Spender der beiden STABILO EASYgraph!
Warum der Bleistift?
Writing is a form of magic that connects our brains and hands in a way that typing cannot equal. When we type, at least part of our brain is unconsciously distracted by the mechanics of the action. „Wheres the backspace key?“ „How do I get an umlaut?“ „How do I magnify the page view?“ Using the combination of hardware and software disrupts the flow of thoughts in a way that a pencil doesnt. It may need sharpened once in a while, but we can rotate it to obtain the best point without giving it a thought.
Ein liebenswertes Plädoyer für den Bleistift: „Why the pencil?“.
Memorandum
Zwei recht dünne, kurze Bleistifte mit ungewöhnlicher und heute nicht mehr üblicher Metallkappe: Der „MEMORANDUM“ von J.J. Rehbach sowie der „J.D.F.“ GRANTHA DIARY.
Die in Deutschland hergestellten Stifte sind knapp 5,5 mm dick und haben eine etwa 2,5 mm starke Mine. Sie sind 9,5 bzw. 13 cm lang, und da sie so aussehen, als wären sie nach der Herstellung noch nie gespitzt worden, kamen sie offenbar auch so kurz in den Handel.
Ihr auffälligstes Merkmal ist jedoch die vergleichsweise lange, aufgepresste Metallkappe, die beide Stifte ziert und eine scheibenförmige Verdickung aufweist. Letztere ist 1 mm bzw. 0,5 mm dick und hat einen Durchmesser von etwa 9 mm.
Laut Georg Büttners Bleistiftseiten wurde das zuvor als „Schlüssel-Bleistiftfabrik“ bekannte im Regensburg ansässige Unternehmen (daher das auch hier noch genutzte Logo mit den gekreuzten Schlüsseln) 1934 durch Pensel & Sohn übernommen und unter dem Namen „J.J. Rehbach“ weitergeführt; wenige Jahre nach einer weiteren Übernahme Mitte der 1970er Jahre durch Haubold stellte man die Bleistiftproduktion ein. Das Alter des „Memorandum“ schätze ich auf 60 bis 70 Jahre.
Zum vielleicht ebenso alten „GRANTHA DIARY“ kann ich leider gar nichts sagen; auch ist mir das Kürzel „J.D.F.“ fremd. Der Wikipedia-Eintrag zur sogenannten Grantha-Schrift gibt für das Sanskrit-Wort „grantha“ die Übersetzungen „Buch“ sowie „Manuskript“ an, was gewollt sein und angesichts des Zusatzes „DIARY“ einen Hinweis auf die Verwendung dieses Stifts geben könnte.
Der „GRANTHA DIARY“ schreibt sehr hart und lässt sich nicht so gut radieren, während der „MEMORANDUM“ einem Bleistift der Härte HB nahekommt. – Ich vermute, dass diese Stifte für den Gebrauch mit einem Notiz- oder Tagebuch gedacht waren und die besondere Form der Metallkappe ein Herausrutschen aus einer am Buch angebrachten Schlaufe oder Lasche verhindern sollte.
Nachtrag vom 28.3.09: Ein Kenner der Materie teilte mir gestern mit, dass es sich bei diesen Stiften um Taschenbleistifte und bei den Metallteilen um sogenannte Tellerkapseln handelt. Diese Taschenbleistifte waren für den Gebrauch mit und den Transport im Rücken von Kalendern und Notizbüchern vorgesehen (daher auch ihre geringe Länge); die Tellerkapsel verhinderte dabei das Durchrutschen des eingesteckten Stiftes. Das Kürzel „J.D.F.“ könnte für den Hersteller stehen, der diesen Bleistift zusammen mit seinen Produkten angeboten hat. – Vielen Dank an G. B. für diese interessante Information!