Holzbleistifte

Schmuckstück

Nach den Tanz­kar­ten­blei­stif­ten von J.J. Reh­bach hier ein Ball­blei­stift von J.S. STAEDTLER, den der Her­stel­ler 1901 in meh­re­ren Far­ben in das Pro­gramm nahm und zum sel­ben Zweck anbot.

Ballbleistift von J.S. STAEDTLER

Das runde, nur 63 mm kurze und knapp 6 mm dünne Stift­chen (im Bild ein Exem­plar aus dem Jahr 1907) trägt an sei­ner Metall­kap­sel eine dop­pelte, farb­lich auf den wei­ßen Lack abge­stimmte Schnur, die in einer deko­ra­ti­ven Quaste endet und zur Befes­ti­gung des win­zi­gen Stifts an der Tanz­karte diente.

Ballbleistift von J.S. STAEDTLER

Die Lackie­rung, auf dem ein sil­bern glän­zen­der Prä­ge­druck den Vier­tel­mond zeigt sowie den Mar­ken­na­men und das Her­stel­lungs­land nennt, hat keine Risse und damit die gut hun­dert Jahre bes­tens über­stan­den; auch die gut sit­zende Kap­sel weist nur geringe Spu­ren der Alte­rung auf. Ein klei­nes Juwel!

Markiges Marketing (11)

LYRA-ORLOW Zeichen- und Copierstifte

„Zeichen- und Copier­stifte“ des Fabri­kats LYRA-​ORLOW bewarb diese 42 × 56 mm große Rekla­me­marke gut 100 Jahre nach der Grün­dung des Unter­neh­mens im Jahr 1806. Etwa vier Jahr­zehnte zuvor ließ sich der Her­stel­ler die Lyra als Waren­zei­chen ein­ge­tra­gen, doch warum man sich aus­ge­rech­net für das antike Zupf­in­stru­ment als Sinn­bild ent­schie­den hat, ist laut der 1956 erschie­ne­nen Schrift „Mei­len­steine – 150 Jahre Lyra-​Orlow“ nicht ganz klar. Viele Gesangs­ver­eine der dama­li­gen Zeit tru­gen jedoch eben­falls die­sen Namen, und man nimmt an, dass Mit­glie­der eines sol­chen Ver­eins, die oft auch im gesell­schaft­li­chen Leben ihrer Stadt eine Rolle spiel­ten, zu die­ser Ent­schei­dung bei­getra­gen haben. – Die blau gewan­dete Dame mit Kranz, die das Instru­ment ein­drucks­voll in die Sonne hält, wird flan­kiert von zwei Stif­ten mit den Bezeich­nun­gen „HB 2 ORLOW LYRA BLEISTIFT-​FABRIK NÜRNBERG“ und „LYRA COPYING INK PENCIL Com­pres­sed Lead“.

Neben dem Koh-​I-​Noor und dem Cul­linan ist der Orlow ein wei­te­rer berühm­ter Dia­mant, des­sen Name Schreib­ge­räte schmückte, und mit den holz­ge­fass­ten Uni­ver­sal­schrei­bern hat LYRA auch heute noch Arti­kel die­ses Namens im Programm.

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Spiel am Sonntag

In ihrem her­vor­ra­gen­den Buch „Living Out Loud – Acti­vi­ties to Fuel a Crea­tive Life“ gibt die Autorin und Illus­tra­to­rin Keri Smith zahl­rei­che inter­es­sante Anre­gun­gen und auch kon­krete Anlei­tun­gen zum krea­ti­ven (Aus-)Leben. Ich mag ihren Stil sehr, ebenso ihre Art, sich die Umwelt und all­täg­li­che Dinge zu erschlie­ßen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Unter dem Stich­wort „Ori­gi­na­li­tät“ zitiert sie einen frü­he­ren Leh­rer und eine Auf­gabe von ihm:

Write down as many uses as you can think of for a pencil.

Wei­ter schreibt sie:

Try to get to 100.

Oha! Na, ich mach‘ mal einen Anfang:

  1. Schreib- und Zei­chen­ge­rät (bestim­mungs­ge­mä­ßer Gebrauch)
  2. Ess­stäb­chen
  3. Lineal
  4. Hilfe zum Krat­zen auf dem Rücken
  5. Trom­mel­stock
  6. Mate­rial für ein Kunstobjekt
  7. Beiß­holz
  8. Lese­zei­chen
  9. Rühr­stab
  10. Achse für Waage (z. B. mit Lineal)
  11. Wer­be­trä­ger
  12. Sam­mel­ob­jekt
  13. Tausch­ge­gen­stand
  14. Hilfs­mit­tel zum Straf­fen des Ban­des in einer Audiokassette
  15. Feu­er­holz
  16. Tür­fest­stel­ler
  17. Wurf­ge­schoss
  18. Aus­stel­lungs­ob­jekt
  19. Takt­stock
  20. Siche­rung der Hochsteckfrisur
  21. Pflanz­holz
  22. Hilfe zum Blät­tern (nur Blei­stifte mit Radierer)
  23. Wegweiser/​Richtungszeiger
  24. Wähl­hilfe beim Wählscheibentelefon
  25. Zei­ge­stock
  26. Erken­nungs­merk­mal
  27. For­schungs­ob­jekt in der Technik- und Kulturgeschichte
  28. Locher-​Ersatz
  29. Schmuck­stück (z. B. Stum­mel als Brosche)
  30. Hilfs­mit­tel zur Ver­schlüs­se­lung (Sky­tala; nur Blei­stifte unge­wöhn­li­chen Durchmessers)
  31. Stab für Sonnenuhr
  32. Zah­lungs­mit­tel
  33. Gesprächs­aus­lö­ser
  34. Han­dels­ware
  35. Ver­schluss eines geeig­ne­ten Etuis
  36. Sport­ge­rät (Weit­wurf, Spinning)
  37. Maßstab/​Lehre
  38. Stich­waffe
  39. Kerb­holz
  40. Wickel­kern (z. B. für Kordel)

Was könnte man die­ser Liste noch hinzufügen?

LYRA 664

Ein in mehr­fa­cher Hin­sicht auf­fäl­li­ger und unge­wöhn­li­cher Blei­stift ist der 664 STENO von LYRA, der bis Mitte der 90er Jahre im Pro­gramm des frän­ki­schen Her­stel­lers war und noch heute manch­mal in Res­te­kis­ten anzu­tref­fen ist.

LYRA 664 STENO

Der in einem dem Leucht-​Orange ähn­li­chen Farb­ton lackierte, runde und 17,5 cm lange 664 STENO ist mit 7 mm etwas dün­ner als ein Standard-​Bleistift, hat aber ebenso wie die­ser eine 2 mm dicke Mine. Die 2 cm lange Tauch­kappe in gebro­che­nem Weiß deu­tet dar­auf hin, dass es sich hier um die erste Vari­ante die­ses Blei­stifts han­delt, denn zwi­schen 1991 und 1994 fiel sie weg. – Vor­läu­fer des 664 war der bis in die 70er Jahre hin­ein ange­bo­tene LYRATO 665 mit gold­far­be­ner Tauch­kappe, den es in den Här­te­gra­den HB, B und 2B gab; par­al­lel zum 664 – zumin­dest von 1973 bis 1995 – führte LYRA den Orlow STENO 6331 mit gold­far­be­nem Käpp­chen und brei­tem schwar­zen Ring in den Här­ten HB, B und 2B.

LYRA 664 STENO

Der Foli­en­prä­ge­druck in stark kon­tras­tie­ren­dem Metallic-​Blau macht mit einer Aus­nahme nur die not­wen­digs­ten Anga­ben. Neben dem Her­stel­lungs­land, der Num­mer, dem Namen des Her­stel­lers und des­sen Sinn­bild fin­det sich die Funk­tion des Stifts in Kurz­schrift, d. h. in ste­no­gra­fi­scher Schreibung.

LYRA 664 STENO

Die lange Geschichte der Ste­no­gra­fie geht bis ins erste vor­christ­li­che Jahr­hun­dert zurück und brachte 1924 mit der Deut­schen Ein­heits­kurz­schrift den ers­ten deut­schen Stan­dard her­vor; ver­bun­den mit die­sem sind Ste­no­gra­fie­block und -blei­stift. Zur ste­no­gra­fi­schen Tech­nik kann ich lei­der gar nichts sagen, und so beschränke ich mich auf ein paar Bei­spiele von mei­nem Vater, der diese fas­zi­nie­rende Kunst auf benei­dens­werte Weise beherrscht.

Die Wörter „Steno” und „Stift” in stenografischer Schreibweise

Die Wör­ter „Steno“ und „Stift“ in ste­no­gra­fi­scher Schreibweise

Das Wort „Stenostift” in stenografischer Schreibweise

„Sten­o­stift“

Die­sen Schrift­zug zeigt auch der Auf­druck des LYRA 664 STENO.

LYRA 664 STENO

Kleine Notiz am Rande: Warum sind Stenografie-​Bleistifte eigent­lich rund? Das Pro­fil des hexa­go­na­len Blei­stifts wirkt in den hal­ten­den Fin­gern wie eine Ras­tung und sorgt damit für bevor­zugte Posi­tio­nen in der Hand. Die in der Ste­no­gra­fie not­wen­di­gen Unter­schiede in der Strich­stärke machen es jedoch erfor­der­lich, dass der Stift gering­fü­gig axial gedreht wer­den und auch danach noch kom­for­ta­bel gehal­ten wer­den kann. Ein run­der Blei­stift erfüllt diese For­de­rung am bes­ten und stra­pa­ziert die Hand bei län­ge­rem Gebrauch weni­ger als ein sechs­flä­chi­ger. Zum leich­te­ren Schrei­ben der Ver­stär­kun­gen haben Steno-​Bleistifte oft eine etwas wei­chere Mine, die etwa der Härte B ent­spricht. – Heute noch erhält­li­che Steno-​Bleistifte sind der STAEDTLER Mars sten­o­fix (HB) und der Faber-​Castell 9008 Steno (HB, B und 2B). Dane­ben gibt es Steno-​Füllfederhalter wie den Peli­kan P470, des­sen beson­ders elas­ti­sche Feder eben­falls die benö­tigte Modu­la­tion erlaubt.

LYRA 664 STENO

Spit­zen: links ab Werk, rechts mit dem Carl Decade DE-​100 gespitzt

Der Auf­druck des ins­ge­samt gut ver­ar­bei­te­ten 664 nennt kei­nen Här­te­grad, doch LYRA sagte mir, dass es B war. Die Mine ist sehr gut, bruch­sta­bil und hat eine sau­bere Abgabe; das Holz lässt sich im Hand­spit­zer und mit dem Kur­bel­spit­zer gut spitzen.

Das Wort „Bleistift” in stenografischer Schreibweise

„Blei­stift“

Mehr zu Steno-​Bleistiften gibt es bei pen­cil talk unter „Steno pen­cils: pen­cils with a job“ und „Ano­ther Steno Pen­cil – the Hardt­muth Steno 550“.

Danke an LYRA für die Infor­ma­tio­nen zum 664 STENO!

Nach­trag vom 19.10.10: Lei­der hat Peli­kan den Sten­o­füll­fe­der­hal­ter P470 bereits Mitte 2009 aus dem Sor­ti­ment genommen.

Markiges Marketing (9)

„Koh-I-Noor”-Notizstifte von L. & C. Hardtmuth

Mit ent­spann­tem Gesichts­aus­druck und offen­bar zufrie­den führt der vor­nehme Herr am Steh­pult den dicken, lan­gen Blei­stift über das Papier. Seine für das Schrei­ben mit Gra­phit denk­bar unge­eig­ne­ten Hand­krau­sen las­sen ver­mu­ten, dass er nur für eine kurze Notiz am Kathe­der steht, ansons­ten aber schrei­ben lässt und allen­falls für eine Unter­schrift oder zur Erle­di­gung pri­va­ter Kor­re­spon­denz zum Feder­kiel greift.

„Koh-I-Noor”-Notizstifte von L. & C. Hardtmuth (Ausschnitt)

Das mit schwe­ren, leder­ge­bun­de­nen Foli­an­ten gut gefüllte Regal und die weiß­ge­pu­derte (Staats-?)Perücke des rei­fen Herrn könn­ten das auf die­ser etwa 58 × 40 mm gro­ßen und wahr­schein­lich vor 80 oder mehr Jah­ren aus­ge­ge­be­nen Rekla­me­marke des öster­rei­chi­schen Unter­neh­mens L. & C. Hardt­muth gezeigte Büro als eines des 18. Jahr­hun­derts aus­wei­sen; auch die Schreib­fe­der, deren stäh­lerne Vari­ante um 1800 erfun­den wurde, sprä­che dafür.

Die Angabe von Serien- und Bild­num­mer zeigt, dass man sich der gro­ßen Popu­la­ri­tät der Rekla­me­marke als Sam­mel­ob­jekt bewusst war und die­ses Bedürf­nis gezielt stei­gerte, aber auch befriedigte.

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Markiges Marketing (8)

„Cullinan”-Bleistifte von Brevillier & Urban

Vom Betrach­ter ab- und einem gel­ben Blei­stift zuge­wandt zeigt der reife, unter­setzte Herr mit Brille, gerö­te­tem Gesicht und vor­neh­mer, auf die Stifte in sei­ner Brust­ta­sche farb­lich abge­stimm­ter Klei­dung deut­lich seine Prio­ri­tä­ten: Sein Ken­ner­blick durch die run­den Glä­ser gilt nur dem Cullinan-​Bleistift von Bre­villier & Urban, den er jedem ande­ren vorzieht.

Die öster­rei­chi­sche Schreib­wa­ren­fa­brik Bre­villier & Urban (heute Bre­villier Urban & Sachs GmbH & Co. KG, Wien) ent­stand im Jahr 1925, als die 1800 von Ignaz Urban eröff­nete Schmiede und die 1823 durch Carl Wil­helm von Bre­villier gegrün­dete Schrau­ben­fa­brik die ehe­ma­li­gen Zeus-​Werke in Graz über­nah­men. 1983 kam Brevillier-​Urban in die Kirchdorfer-​Gruppe, die 2006 die Kirch­dor­fer Schreib­wa­ren­hol­ding mit Brevillier-​Urban sowie deren Toch­terfirmen Jolly Arts & Crafts (China) und Hemus­Mark (Bul­ga­rien) grün­dete; 2007 erwarb Koh-​I-​Noor den Mehr­heits­an­teil an letz­te­rer. Die bekann­teste Marke von Brevillier-​Urban, „Jolly“ aus dem Jahr 1965, ist seit 2007 Teil von Imarco, zu der auch die Hein­rich Sachs KG, die Öster­rei­chi­sche Kuvert­in­dus­trie und Creta­co­lor gehö­ren. Bre­villier Urban & Sachs fer­tigt in Graz und Hirm.

Wann es den Blei­stift gab, für den diese 34 × 37 mm große Rekla­me­marke gewor­ben hat, weiß ich nicht. Erwäh­nens­wert in die­sem Zusam­men­hang ist viel­leicht noch, dass der größte jemals gefun­dene Roh­dia­mant „Cul­linan“ hieß. War Ent­schei­dung des Her­stel­lers, seine Blei­stifte nach die­sem zu benen­nen, viel­leicht eine Reak­tion auf L. & C. Hardt­muth, deren Pro­dukte den Namen des bekann­tes­ten Dia­man­ten „Koh-​I-​Noor“ trugen?

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Lotus

Faber-Castell Lotus

In dem Über­ra­schungs­päck­chen, das mir den STABILO pen­cil 88 brachte, fan­den sich auch zwei Exem­plare des Faber-​Castell Lotus der Härte B. Aus der sehr knap­pen Beschrif­tung, die auch das Kür­zel „SV“ für „Secu­ral­ver­fah­ren“ ent­hält, sticht der in einem deko­ra­ti­ven Font aus­ge­führte Name des Blei­stifts hervor.

Faber-Castell Lotus

Der Stift mit metal­lisch wir­ken­der, blau-​violetter Lackie­rung, matt­schwar­zer End­kappe und einem Prä­ge­druck in gebro­che­nem oder nach­ge­dun­kel­tem Weiß ist wohl­tu­end unauf­fäl­lig und die Mine von recht ordent­li­cher Qualität.

Faber-Castell Lotus

Das war schon alles, was ich zu die­sem für mich anspre­chen­den und heute nicht mehr er­hältlichen, aber wohl noch nicht ganz so alten Blei­stift sagen wollte.

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