Granate

Popu­lä­rer Blei­stift­spit­zer mit über 130-​jähriger Geschichte, heute her­ge­stellt von Möbius+Ruppert

Granate 1938–1980

Alte Kata­loge von Möbius+Ruppert lie­fern wei­tere Details zur Geschichte des Hand­spit­zers „Gra­nate“.

Granate 1938–1980

1938

Der älteste mir vor­lie­gende Ein­trag stammt aus dem Jahr 1938 und führt den Mes­sing­spit­zer unter der Num­mer 14/​I auf. Es gab auch eine Vari­ante aus „Elektron-​Metall“, wie es damals hieß, also aus einer Magnesium-​Aluminium-​Legierung; sie hatte die Num­mer 14/​II.

Granate 1938–1980

1960er Jahre

In den 1960er Jah­ren bot man nur noch die Magnesium-​Ausführung an. Sie trug jetzt die Num­mer 14/​II und hatte statt der Rändel- eine Schlitz­schraube aus Messing.

Granate 1938–1980

1971

Die Befes­ti­gung mit einer Schraube und zwei Stif­ten behielt man bis in die frü­hen 1970er Jahre bei.

Granate 1938–1980

1975

Eine wei­tere Ände­rung bestand im Weg­fall der bei­den Stifte; wie jedoch das Mes­ser gegen Ver­dre­hen geschützt war, kann ich die­ser Abbil­dung lei­der nicht ent­neh­men. Die „Gra­nate“ bekam nun die heute noch aktu­elle Arti­kel­num­mer 6041.

Granate 1938–1980

1980

In der zwei­ten Häfte der 1970er Jahre legte man das Mes­ser in ein Mes­ser­bett, wodurch es in Posi­tion gehal­ten wurde; daher stand es auch nicht mehr über und ließ den Spit­zer gefäl­li­ger aus­se­hen. Es musste dafür aller­dings schma­ler gemacht wer­den, und so gab (und gibt) es eigene Ersatz­mes­ser nur für die „Gra­nate“. – Die letzte kon­struk­tive Ände­rung2 war der Umstieg von der im Haus gefer­tig­ten Mes­sing­schraube auf eine aus kal­tem Draht gepresste und zum Schutz vor Rost gal­va­ni­sierte Kreuz­schlitz­schraube von Laro (Ita­lien)3.

Danke an Möbius+Ruppert für die Leih­gabe der Kataloge!

  1. Genauer: Zuerst 604 0, spä­ter 604.0 und heute 0604.
  2. Zu Ände­run­gen bei den Mate­ria­lien und Fer­ti­gungs­ver­fah­ren kann ich nichts sagen.
  3. Quelle: „Waren­probe: Das steckt alles in einem Spit­zer“.

W.Z. № 47683

Ein wei­te­res Expo­nat im vir­tu­el­len Museum zum Spit­zer­klas­si­ker „Gra­nate“, und zwar aus Mes­sing, für dicke Stifte mit einem Durch­mes­ser von bis zu 11 mm und mit einer inter­es­san­ten Kennzeichnung.

W.Z. № 47683

Das Stück war in kei­nem guten Zustand, und so musste ich erst einen Früh­jahrs­putz1 vornehmen.

W.Z. № 47683

Die­ses Modell hat die glei­che Form und Größe wie das bereits vor­ge­stellte mit dem 1939 ein­ge­tra­ge­nen Waren­zei­chen 507558 und trägt eben­falls die Prä­gung „GRANATE“. Es fällt auf, dass es auch hier nur drei statt der übli­chen vier Rän­de­lun­gen gibt; dies ist das typi­sche Merk­mal der Vari­an­ten für dickere Stifte. – Das Mes­ser ist stumpf und schar­tig, so dass ich auf einen Funk­ti­ons­test ver­zich­tet habe.

W.Z. № 47683

Hier zu sehen ist jedoch das Waren­zei­chen 47683, das 1900 ange­mel­det und 1901 für Möl­ler & Breit­scheid ein­ge­tra­gen wurde; dar­aus schließe ich, dass der Spit­zer von die­sem Anbie­ter stammt und um die 100 Jahre alt sein könnte. 

W.Z. № 47683

  1. Sehr hilf­reich dabei war das Ein­wei­chen in der Sidol-​Metallpolitur und das anschlie­ßende Bear­bei­ten mit einer alten Zahn­bürste; die fest­sit­zende Rän­del­schraube konnte ich mit Caramba Super Plus Vielzweck-​Spray (heute Caramba Super Plus Pre­mium Mul­tiöl) lösen.

Granate 1903–1908

Auch im Archiv von Faber-​Castell fin­det sich der Hand­spit­zer „Gra­nate“.

Granate 1903–1908

In den Waren­ka­ta­lo­gen von A.W. Faber Ber­lin wur­den von 1903 bis 1907 unter dem Pro­dukt­na­men „Gra­nate“ der Blei­stift­spit­zer No. 1903 und der Farb­stift­spit­zer No. 1696 sowie Ersatz­mes­ser ange­bo­ten. – Der höhere Preis für den Farb­stift­spit­zer lässt mich ver­mu­ten, dass er ähn­lich die­ser Vari­ante von Möl­ler & Breit­scheid für dickere Stifte aus­ge­legt und daher grö­ßer war.

Granate 1903–1908

1908 bewarb ein fran­zö­si­scher Waren­ka­ta­log von A.W. Faber auf Seite 232 (!) die „Gra­nate“, dies­mal mit der Arti­kel­num­mer 4001.

Über den (oder die) Her­stel­ler die­ser Spit­zer hat das Archiv von Faber-​Castell keine Infor­ma­tio­nen. – Bereits ein paar Mal bin ich auf die 1953 gegrün­dete Fabrik für Fein­me­cha­nik und Elek­tro­tech­nik Her­mann Mel­lert (heute: Mel­lert SLT GmbH & Co. KG) auf­merk­sam gewor­den. Die­ses Unter­neh­men hat in den 1950er Jah­ren Mes­sing­spit­zer gefer­tigt und könnte daher auch die (spä­tere) „Gra­nate“ her­ge­stellt haben, doch lei­der gibt es im Unter­neh­men keine Doku­mente zur Spit­zer­fer­ti­gung mehr.

Es fällt übri­gens die bemer­kens­werte Ähn­lich­keit der bei­den Abbil­dun­gen auf (man beachte u. a. die Dar­stel­lung der Refle­xio­nen auf der Rän­del­schraube und dem Mes­ser); ich gehe davon aus, dass bei­den Kata­log­ein­trä­gen die­selbe Illus­tra­tion zu Grunde lag.

Hier noch die Titel der zitier­ten Kataloge:

Granate 1903–1908

Granate 1903–1908

Danke an Faber-​Castell für die Scans!

Nach­trag vom 4.6.23: Laut Nor­th­data wurde 2018 über das Ver­mö­gen der Mel­lert SLT GmbH & Co. KG das Insol­venz­ver­fah­ren eröffnet.

Granate 1892–1895

Bemer­kens­werte Details zur Geschichte des als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers fin­den sich im Early Office Museum, wo er ihn in der Rubrik „Small Pen­cil Shar­pe­ners“ als „Ame­ri­can Car­tridge Pen­cil Shar­pe­ner“ von Eber­hard Faber auf­ge­führt wird. Es heißt dort, eine Anzeige von 1892 habe damit gewor­ben, dass die­ser Mes­sing­spit­zer zuerst in Europa her­ge­stellt wor­den wäre. Eber­hard Faber habe ihn jedoch ver­bes­sert und ihn dann paten­tie­ren und in den USA fer­ti­gen las­sen. Wei­tere Anzei­gen für die­sen Spit­zer sol­len 1905, 1911 und 1933 erschie­nen sein. Eine Abbil­dung zeigt den Spit­zer mit der Prä­gung „E. Faber Pat. Appl’d.“1

Im sel­ben Jahr, so das Early Office Museum, soll eine Bespre­chung des „Stan­dard Pen­cil Shar­pe­ner“, her­ge­stellt von der Con­nec­ti­cut Mfg. Co., Hart­ford, mit einer ähn­li­chen Dar­stel­lung ver­öf­fent­licht wor­den sein. Das Unter­neh­men habe ange­ge­ben, dass die­ser Spit­zer, obwohl weit­ge­hend iden­tisch zu dem seit kur­zer Zeit erhält­li­chen, bes­ser gefer­tigt und in allen Belan­gen zufrie­den­stel­len­der sei. Ein gleich­ar­ti­ges Modell soll 1894 als „Peer­less Long Bevel Lead Pen­cil Shar­pe­ner“ bewor­ben wor­den sein.

Eine kurze Suche bei Google Books för­derte die­sen Ein­trag auf Seite 116 des Kata­logs Nr. 57 von Mont­go­mery Ward & Co. (1895) zutage:

Granate 1892–1895

Die Ähn­lich­keit des „Peer­less“ zur „Gra­nate“ ist natür­lich nicht zu über­se­hen. – Dem „Hand­buch für Papier und Büro­be­darf“ von 1949 zufolge kam die „Gra­nate“ vor etwa 60 Jah­ren, also um 1889 in den Han­del; die Anga­ben im Early Office Museum könn­ten dazu passen.

Nach­trag vom 9.5.17: Mehr zum „Peer­less“, der ver­mut­lich ein im Inland gefer­tig­tes Kon­kur­renz­pro­dukt zur impor­tier­ten „Gra­nate“ war, gibt es unter „Gra­nate 1893“.

  1. Ein direk­ter Link ist lei­der nicht mög­lich. – Ich habe das Early Office Museum nach wei­te­ren Details zur Anzeige von 1892 gefragt, aber lei­der keine Ant­wort erhal­ten.

Granate 1901

Ein wei­te­res Detail aus der Geschichte des Spit­zer­klas­si­kers: Das „Waa­ren­zei­chen­blatt“, her­aus­ge­ge­ben vom Kai­ser­li­chen Patent­amt, gab in der Aus­gabe vom März 1901 die Anmel­dung und die Ein­tra­gung des Waren­zei­chens „Gra­nate“ für die Schreibwaren-​Großhandlung Möl­ler & Breit­scheid in Köln bekannt.

Granate 1900

Möl­ler & Breit­scheid hatte bereits am 27. Januar 1900 den Namen „Gra­nate“ ange­mel­det, musste aber zunächst eine Ableh­nung hin­neh­men, da „das Wort mit­hin eine Angabe über die Beschaf­fen­heit der Waare ent­halte und daher dem Ver­kehr frei­ge­hal­ten wer­den müsse“1. Erst die Auf­he­bung die­ser Ent­schei­dung am 13. Novem­ber 1900 machte die Ein­tra­gung mög­lich, die dann am 4. Februar 1901 unter der Num­mer 47683 vor­ge­nom­men wurde. – Eine wei­tere (erneute?) Ein­tra­gung des Waren­zei­chens „Gra­nate“ fand am 14. Februar 1939 statt.

Granate 1900

Geht man davon aus, dass sich die dama­lige „Gra­nate“ nicht wesent­lich von der des Jah­res 1913 unter­schei­det, so hat der heute von Möbius+Ruppert unter der Arti­kel­num­mer 604 ange­bo­tene Spit­zer eine min­des­tens 115-​jährige Geschichte.

Danke an das DPMA für die Scans!

  1. Quelle: Chemiker-​Zeitung vom 18. Mai 1901.

Granate 1901

Ein inter­es­san­tes Detail zur Geschichte des als „Gra­nate“ bekann­ten Blei­stift­spit­zers fin­det sich in der Chemiker-​Zeitung vom 18. Mai 1901.

Granate 1901

Granate 1901

Granate 1901

Granate 1901

Granate 1901

In der Rubrik „Ent­schei­dung in Waa­ren­zei­chen­sa­chen“ heißt es:

II. Beschwerde-​Abtheilung I des Patentamtes.
[…]
2. Die Ein­tra­gung des Wor­tes „Gra­nate“ für Blei­stift­spit­zer war von der Abt­hei­lung für Waa­ren­zei­chen abge­lehnt wor­den, weil Blei­stift­spit­zer in Form einer Gra­nate, wenn auch aus­schliess­lich von der Anmel­de­rin her­rüh­rend, seit Jah­ren im Ver­kehr seien, das Wort mit­hin eine Angabe „über die Beschaf­fen­heit“ der Waare ent­halte und daher dem Ver­kehr frei­ge­hal­ten wer­den müsse. Die Beschwerde-​Abtheilung I (Ent­sch. vom 13. Novem­ber 1900) hob diese Ent­schei­dung auf, weil die Form einer Gra­nate keine sach­li­che Bezie­hung zu einem Blei­stift­spit­zer habe, und weil fer­ner die Form einer Gra­nate im freien Ver­kehr nicht all­ge­mein üblich für Blei­stift­spit­zer sei. 

Die „Gra­nate“ war also bereits vor 1900 auf dem Markt1, und schon damals wollte man sich den Namen schüt­zen las­sen; mög­lich wurde das jedoch erst durch die hier erwähnte Auf­he­bung der Ent­schei­dung, den Ein­trag abzu­leh­nen. Wer die Anmel­de­rin war, bleibt hier lei­der offen, aber es könnte die Ver­triebs­firma Möl­ler & Breit­scheid gewe­sen sein, denn diese wurde am 1. Mai 1869 gegrün­det und hat die „Gra­nate“ sehr lange ange­bo­ten2.

Unklar ist, ob dar­auf­hin ein Waren­zei­chen ein­ge­tra­gen wurde, also bereits vor der Regis­trie­rung für Möl­ler & Breit­scheid im Jahr 1939 ein Schutz bestand, doch ein Ein­trag im Buch „Ger­man Tool and Blade Makers. A guide to manu­fac­tu­r­ers and dis­tri­bu­tors, their trade­marks and brand names“ von John Wal­ter (Nevill Publi­shing 2012) könnte dafür sprechen:

GRANATE (1901, no. 47683)
Möl­ler & Breit­scheid, Köln a. Rh.
Regis­try class: 9b
Style: block 

Die Quelle für diese Infor­ma­tion kenne ich aller­dings nicht, und auf meine Anfrage beim Autor habe ich bedau­er­li­cher­weise keine Ant­wort erhalten.

  1. Ich gehe davon aus, dass es sich bei dem in der Chemiker-​Zeitung genann­ten Spit­zer nicht um einen ande­ren mit zufäl­lig glei­chem Namen han­delt.
  2. Im „Hand­buch für Papier und Büro­be­darf“ von Dipl.-Hdl. Franz Karl Reckert aus dem Jahr 1949 heißt es, die „Gra­nate“ wäre vor etwa 60 Jah­ren, also um 1889 auf den Markt gekom­men.

Granate 1925

Diese Post­karte aus dem Jahr 1925 mit auf­ge­kleb­ter Reklame für die „Gra­nate“ ist die älteste mir bekannte Erwäh­nung des klas­si­schen Handspitzers.

Granate 1925

Die Karte trägt auf der Rück­seite unvoll­stän­dige Mengen- und Preis­an­ga­ben zu Mus­ter­klam­mern, Büro­na­deln1, Clip­sen und Anfeuch­tern, was zusam­men mit dem geris­se­nen obe­ren Rand ver­mu­ten lässt, dass sie aus einem Kata­log für Büro­be­darf her­aus­ge­trennt wurde.

Granate 1925

Die „Kleine Anspitzer-​Fibel“ von Leon­hardt Ding­werth ent­hält eine sehr ähn­li­che Abbil­dung und nennt als Quelle den Kata­log eines Wilh. Schwei­zer um 1900, aber da Ding­werth auch angibt, der Fran­zose de Thierry habe am 16.4.1847 das Patent auf die „Gra­nate“ erhal­ten, was nicht stimmt, habe ich Zwei­fel an der Quel­len­an­gabe. Ding­werth nennt zudem Möl­ler & Breit­scheid als Her­stel­ler, doch die­ses Unter­neh­men war eine reine Ver­triebs­firma. – Bemer­kens­wert ist, dass das Waren­zei­chen „Gra­nate“ erst im Jahr 1939 für Möl­ler & Breit­scheid in Köln regis­triert wurde.

Diese Reklame führt uns zwar ein Stück wei­ter in die Geschichte der „Gra­nate“, sagt aber nicht, wann, wo und von wem die­ser Spit­zer zum ers­ten Mal her­ge­stellt und ange­bo­ten wurde. Die Suche geht weiter!

Nach­trag vom 30.4.15: Die „Gra­nate“ im Illus­trier­ten Haupt­ka­ta­log des Kauf­haus des Wes­tens aus dem Jahr 1913:

Granate 1913

Die­ser Spit­zer ist damit über 100 Jahre alt.

Nach­trag vom 15.5.15: Aus dem Sta­tio­nery Cata­lo­gue № 1 (1911–12) von W.J. Gage & Co. Limi­ted, Toronto:

Granate 1911

Die hier „Car­tridge“ genannte „Gra­nate“ gab es also bereits 1911 in Kanada.

  1. Gemeint sind damit Büro­klam­mern, wie die Abbil­dung belegt.

Granate 1975

Ein wei­te­res Puz­zle­stück in der Geschichte des als „Gra­nate“ bekann­ten Hand­spit­zers 6041 von Möbius+Ruppert ist diese Abbil­dung aus dem Kata­log des Jah­res 1975.

Granate 1975

Hier fällt auf, dass das Mes­ser zwar schon mit einer Schlitz­schraube befes­tigt und auch nicht mehr durch zwei Stifte fixiert wurde, aber noch wie bei den älte­ren Model­len mit Rän­del­schraube über den Rand des Kor­pus her­aus­ragt2. Spä­ter hat man das Mes­ser schma­ler gemacht und in ein Mes­ser­bett gelegt; es schloss dadurch bün­dig ab und wurde zudem durch Form­schluss gehalten.

  1. Begon­nen hat die „Gra­nate“ bei Möbius+Ruppert mei­nes Wis­sens in den 1930er Jah­ren mit der Typen­be­zeich­nung 14, wobei die 14/​I aus Mes­sing und die 14/​II aus „Elektron-​Metall“, also einer Magnesium-​Legierung, war; ihr folgte die 640.
  2. Vor­aus­ge­setzt, die Illus­tra­tion ist kor­rekt.