Rolimin
Ein besonderes Zeichengerät ist das Rolimin aus den 1980er Jahren.
Das von Daniel Blasko aus Villingen-Schwenningen erdachte und 1986 als Gebrauchsmuster1 geschützte Utensil vereint Lineal, Zeichenschiene, Winkelmesser, Kreisschablone2 und Zirkel3 und wurde von der DANILINER GmbH, ebenfalls Villingen-Schwenningen, angeboten.
Dazu verfügt das 130 × 65 mm große und 17 mm hohe Rolimin4 über verschiedene Skalen (darunter auch zwei mit Inch-Teilung), Kreisöffnungen, Führungslöcher, eine Welle mit gerändelten Rollen5 und eine federbelastete Zirkelspitze, die zum Gebrauch auf die Zeichenfläche gedrückt wird.
Der zweiseitige Beileger im Format DIN A4 informiert in deutscher und französischer Sprache über „das kleinste Zeichengerät der Welt“ und dessen Funktionen und Handhabung. Er beschreibt auch die Nutzung als Wagen, um andere Zeichengeräte parallel zu verschieben. Da jedoch die Verbindung nur über die Zirkelspitze hergestellt wird und sich das zu verschiebende Zeichengerät daher beim Transport drehen kann, halte ich diese Funktion für fragwürdig.
Eine Weiterentwicklung des Rolimin, das es außer in transparentem auch in gelbem und orangefarbenem Kunststoff gab, ist der heute noch erhältliche und in zwei Größen verfügbare Constructor. Bei diesem kann man an der Zirkelspitze eine Schiene ansetzen, dessen verschieb- und arretierbarer Einsatz das Zeichnen von Kreisen mit beliebigen statt abgestuften Radien ermöglicht6.
Der Gebrauchswert des Rolimin ist recht ordentlich. Die cm- und die Inch-Skalen sowie die Kreisschablonen sind bemerkenswert genau, ebenso der Winkelmesser. Die Rändelung der Rollen hält das Romilin sicher auf dem Papier, ohne Spuren zu hinterlassen; damit erfüllt das Gerät die Funktion der Zeichenschiene ebenfalls gut. Dadurch wird jedoch die Nutzung als Zirkel etwas erschwert, denn die Rändelung bremst die Kreisbewegung. Die Zirkelspitze lässt sich nur dann genau positionieren, wenn der Einstichpunkt mit einem Kreuz markiert ist, das so groß ist, dass es über die Buchse, in der die Zirkelspitze sitzt, hinausragt; zudem könnte sie etwas spitzer sein, damit sie besser sitzt. Da die Führungslöcher vergleichsweise groß sind und so die Stiftspitze etwas Spiel hat, kann es passieren, dass der Kreisdurchmesser etwa ±1 mm abweicht. Bei der Zirkelfunktion muss man also ein paar Abstriche machen, und die geringen Abmessungen setzen dem Rolimin weitere Grenzen. Unter dem Strich ist es jedoch ein nützliches Hilfsmittel für schnelle Skizzen. –
Bei meiner Suche nach dem Rolimin und dessen Ursprung bin ich auf den sehr ähnlichen Golden Star Multipurpose Ruler der Shiny Hung Trading Co., Ltd. (Taiwan) gestoßen, von dem es noch einige Exemplare bei eBay gibt. Wie alt dieser und das im Beileger genannte Patent 20222 sind, konnte ich leider nicht herausfinden.
Wie so viele andere Geräte für das technische Zeichnen ist das Rolimin aus dem Alltag verschwunden, und auch die Faltschachtel erinnert an vergangene Zeiten: An der Stelle des weißen Rechtecks vor „Germany“ stand ursprünglich „West-“7.
Danke an Kai für den Hinweis auf das Rolimin! – Im Zusammenhang mit Zeichengeräten verweise ich gerne auf das sehr lesenswerte Weblog Graphography.
- Ich freue mich immer wieder über die Sprache und die Satzkonstruktionen in Patent- und Gebrauchsmusterschriften. Kostprobe aus letzterer zum Rolimin: „Die Neuerung betrifft ein Zeichengerät zum Ziehen gerader und kreisbogenförmig verlaufender Striche, bestehend aus einem flachen, plattenartigen, rechteckigen Kunststoffkörper, dessen Längs- und/oder Querkanten wenigstens teilweise mit Längenmeßskalen versehen sind und der auf seiner Oberseite eine in Längsrichtung verlaufende Griffleiste aufweist, welche einstückig angeformt ist und die Form eines auf der Unterseite offenen Hohlkastens besitzt, wobei in der Griffleiste eine Welle mit zwei geringfügig aus dem Hohlraum der Griffleiste nach unten herausragenden Parallelführungsrollen drehbar gelagert ist und wobei außer einer Anzahl von rechteckigen und/oder dreieckigen und/oder kreisförmigen Schablonendurchbrüchen entlang wenigstens einer Längskante eine geradlinige Reihe von in regelmäßigen, einer Längenmeßskala zugeordneten Abständen angeordneten Führungslöchern für einen Zeichenstift oder eine Zeichenfeder angeordnet sind und wobei der Kunststoffkörper außerdem mit einer mittels einer Gewindebuchse in einer Bohrung befestigten, gegen Federdruck betätigbaren Stechnadel versehen ist.“ Ja, das ist ein Satz.↩
- ⌀ 1–10 mm in 1-mm-Schritten.↩
- ⌀ 2–11 mm in 5-mm-Schritten.↩
- Der Name „Rolimin“ war von 1985 bis 1998 und die Wort-/Bildmarke „Daniliner“ von 1986 bis 2002 auf Daniel Blasko eingetragen.↩
- Bei einer wohl für den englischsprachigen Markt gedachten Variante gibt es eine Skala zwischen den Rändelungen.↩
- Das ebenfalls in zwei Größen angebotene Zeichengerät Caroll wirkt wie eine Zwischenvariante, denn dessen ansetzbare Schiene hat keinen verschiebbaren Einsatz.↩
- Zu sehen u. a. hier.↩