Bleistifthölzer (7)
Musgrave in den USA bietet einen besonderen Bleistift an.
Der Tennessee Red ist aus der Virginischen Zeder1 (Juniperus virginiana, engl. [eastern] red cedar) gefertigt. Dieses Holz war früher für Bleistifte üblich, wurde dann aber knapp und durch die Kalifornische Weihrauch-Zeder (Calocedrus decurrens, engl. incense cedar) abgelöst. Diese Umstellung fand bereits vor vielen Jahrzehnten2 statt, und so trifft man heute keine Bleistifte aus Virginischer Zeder mehr an.
Auch Musgrave hat dieses Holz vor langer Zeit genutzt3. Man nahm den reichlichen Bestand vor Ort in Tennessee und verarbeitete sogar Zaunbretter von Farmern, denen man dafür Metallzäune gab. Am Anfang hat man die Brettchen auch nach Europa verkauft, doch vor etwa 100 Jahren schrumpfte der Bestand und man ging zur Kalifornischen Weihrauch-Zeder über. Die Pläne, erneut zum historischen Holz zu greifen, gab es schon länger, und 2019 brachte man den Tennessee Red auf den Markt.
Die Fertigung barg einige Herausforderungen, und so sind die Minen im Tennessee Red nicht immer zentrisch und manche Exemplare ganz leicht gekrümmt. Musgrave spricht diese Probleme offen an, was mir sehr sympathisch ist, und empfiehlt auch einen elektrischen Spitzer. Es fällt auf, dass sich der werkseitig ungespitzte Tennessee Red selbst in der Granate nicht ganz so leicht spitzen lässt; ich vermute, dass das Holz nicht mit den heute üblichen Verfahren behandelt wurde und daher nicht die vertraute leichte Schneidbarkeit bietet. Unnötig zu sagen, dass das Duft der Virginischen Zeder großartig ist und ganz anders als das der (obendrein auch mal mit Aromen behandelten) Weihrauch-Zeder. – Während die Hersteller früher das rote Kernholz für höherwertige und und das gelblich-weiße Splintholz für günstige Bleistifte genutzt haben, unterscheidet Musgrave nicht und verwendet auch nur Klarlack4, so dass es zu ungewöhnlichen, aber durchaus reizvollen Färbungen kommt.
Weitere interessante Details zu Musgrave gibt es unter „Musgrave and the pencil supply chain“ bei pencil talk.
Danke an Matt für den Tennessee Red!
Da ich Interesse an weiteren Exemplaren des Tennessee Red5 und auch am Single Barrel 1066 hatte, aber bei der Online-Bestellung kein Versand nach Deutschland möglich ist, habe ich mich an das Unternehmen gewandt und gefragt, ob man nicht eine Ausnahme machen könne. Leider bekam ich keine Antwort, doch ein Leser meines Weblogs, der sich nach einen europäischen Vertrieb erkundigt hat, wurde auf Makers Cabinet in England verwiesen. Dieses Unternehmen, Hersteller des Hovel und des Iris, hat allerdings keine Produkte von Musgrave im Online-Shop, dafür aber eine bemerkenswerte Formulierung in den Geschäftsbedingungen: „We reserve the right to refuse service to anyone for any reason at any time.“ Das ist alles nicht sehr erquicklich.
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- Genaugenommen ist „Virginische Zeder“ nur eine der alternativen Bezeichnungen für den – wie der Baum botanisch korrekt heißt – Virginischen Wacholder. Da dieser Name im Zusammenhang mit Bleistiften außerhalb von Fachkreisen jedoch unüblich ist, bleibe ich bei „Virginische Zeder“.↩
- Etwa 50 bis 100 Jahre; die Angaben streuen stark, auch bei Musgrave (siehe folgende Fußnote).↩
- Unter „The History of our Tennessee Red™ Pencil“ heißt es „But fast-forward to the ’60s and ’70s – we phased out cedar pencils made from Eastern Red Cedar and replaced it with the more abundant and easier to use California Incense Cedar“, doch unter „A Shift to Production“ schreibt man „The pivot to production from milling in 1919 was timely because toward the mid-1920s, Tennessee sources of red cedar logs and rail fences slowly started to dwindle. It was then the California incense cedar – a fast-growing, plentiful wood with similar characteristics to the Tennessee variety – replaced it.“↩
- Übrigens wurde erst der Prägedruck und dann der Klarlack aufgebracht.↩
- Vor allem die aus dem gleichen Holz gefertigte Box mit 24 Bleistiften fand ich sehr atraktiv.↩
- Dieser Bleistift ist Musgraves anderer aus der Virginischen Zeder gefertigte Bleistift, doch im Gegensatz zum Tennessee Red wurde der Single Barrel 106 nicht aus neuem Holz, sondern aus alten Brettchen gefertigt, die man in den 1930er Jahren vergessen und viele Jahre später wiedergefunden hat.↩