Kultur
Wer ist das?
Diese Frage (hier in Sütterlin) stellte Johann Faber 1930 in einer Anzeige, die den „Apollo“-Bleistift bewarb.
Der Text in Sütterlin lautet „Bedingungen in den Fachgeschäften“.
Die offizielle Antwort kenne ich nicht, doch ich denke, das man Maler Klecksel von Wilhelm Busch gemeint hat:
Nachdem Klecksel seinen Lehrmeister Quast vorzeitig und in einem bedauernswerten Zustand verlassen hat, schreitet der durch die Gulden seines Vaters gestärkte Künstler selbstbewusst und mit großer Mappe dahin.
Jetzt hat der Kuno Geld in Masse.
Stolz geht er in die Zeichenklasse.
Von allen Schülern, die da sitzen,
Kann keiner so den Bleistift spitzen.
Auch sind nur wenige dazwischen,
Die so wie er mit Gummi wischen.
Und im Schraffieren, was das Schwerste,
Da wird er unbedingt der Erste.
Jedoch zunacht, wenn er sich setzte,
Beim Schimmelwirt, blieb er der Letzte.
Mit Leichtigkeit genießt er hier
So seine ein, zwei, drei Glas Bier.
Das vollständige Werk ist u. a. bei zeno.org zu finden; die Zeichnung und das Zitat stammen aus dem vierten Kapitel.
Zwei Fundstücke
Gesehen im Pfunds-Museum1 in Hofbieber-Kleinsassen, etwa 15 km östlich von Fulda: Ein Vierkant-Verlängerer und eine Kombination aus Stifthalter und Stahlfeder.
Dieser Verlängerer ist mit seiner kantigen Form natürlich kein Handschmeichler und durch die geringe Abmessung kein vollwertiger Lineal-Ersatz, aber die Idee gefällt mir.
Auch diese Kombination hat mich angesprochen. – Das war’s bereits für heute2.
- Der Besuch dieses deutschlandweit einzigartigen Museums sei allen kultur- und technikgeschichtlich Interessierten wärmstens empfohlen. Es zeigt auf etwa 250 m² in sieben Stockwerken eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses anhand von unzähligen Exponaten aus der Antike bis heute die faszinierende Welt des Messens und Wiegens und bietet mit einigen benutzbaren Exponaten auch etwas zum Anfassen. Der Eigentümer, der die Schätze in über drei Jahrzehnten zusammengetragen hat, ist äußerst kundig und weiß zu jedem Stück etwas zu erzählen. Mir hat zudem gut gefallen, dass die Exponate oft in Begleitung dazugehöriger und meist ebenso sehenswerter Dinge ausgestellt sind.↩
- Damit hat dieses Weblog endlich einen Beitrag, bei dem die Fußnoten umfangreicher sind als der eigentliche Text.↩
„The Properly Pointed, Perfectly Portable Pencil“
Lesen und schreiben – zwei Kulturtechniken, mit deren vielfältigen Aspekten ich mich gerne beschäftige. Über die zufällige Entdeckung des Buches „Page Fright. Foibles and Fetishes of Famous Writers“ von Harry Bruce (2009) habe ich mich daher sehr gefreut, und als mir dann das Kapitel mit der herrlich alliterierenden Überschrift „The Properly Pointed, Perfectly Portable Pencil“ auffiel, war meine Freude noch größer, denn dieses befasst sich mit dem Bleistift in der Hand berühmter Schriftsteller. Fünf davon seien hier kurz erwähnt.
Nach einem sehr kurzen Abriss der Geschichte des Bleistifts mit Borrowdale, Conté und Thoreau geht es zunächst zu John Steinbeck. Der amerikanische Autor schrieb täglich bis zu sechs Stunden mit Bleistift, vorzugsweise mit runden, da diese seine Hand weniger strapazierten. Je nach Stimmung und Wetter – die Luftfeuchtigkeit beeinflusst Schreibgerät und Beschreibmaterial – wählte er aus aus verschiedenen Härtegraden, und um keine Zeit zu verlieren, benutzte er eine elektrische Spitzmaschine.
Für Vladimir Nabokov war die Radierbarkeit sehr wichtig, überarbeitete er doch alles, was er schrieb. – Ernest Hemingway betrachtete das mit sieben HB-Bleistiften Geschriebene als ein gutes Tagespensum und das Verfassen des ersten Entwurfs mit Bleistift als Möglichkeit, die Qualität zu verbessern. Er schätzte den Bleistift auch, weil er leicht zu transportieren war, und erlebte oft, dass ihn bereits das Spitzen in Schreibstimmung brachte.
Seine schriftstellerischen Aktivitäten verbergen musste F. Scott Fitzgerald während seiner Zeit in der Army; Notizbuch und Bleistift versteckte er dazu in dem Buch „Small Problems for Infantry“. – Den Umstand, dass der Bleistift auf vielen Materialien schreibt, machte sich Marvis Gallant zunutze und hielt Teile ihrer Arbeit manchmal sogar auf Streichholzbriefchen fest.
Auf die Lektüre der anderen Kapitel bin ich gespannt!
Graphit-Geräte
Bemerkenswerte Skulpturen aus Bleistiften fertigt die US-amerikanische Künstkerin Jessica Drenk. Die „Implements“ genannten Werke aus jeweils 1200 bis 4000 Stiften erinnern an verwittertes Holz und eröffnen einen ganz anderen Blick auf das vertraute Schreibgerät.
Danke an Max für den Hinweis!
Kurz notiert
Über 70 Exponate aus der Zeit von 200 bis 1985 in einem virtuellen Museum: „Take Note – An Exploration of Note-Taking in Harvard University Collections“. Großartig! Einer meiner Favoriten: „The ultimate piece of office furniture“. – Auch die Bleistifte von Henry David Thoreau sind dort zu sehen.
(via Orange Crate Art)
Römisch Linkskursiv (3)
Meine Suche nach den Ursprüngen der früher in topografischen Karten genutzten Schrift „Römisch Linkskursiv“ dauert an. Nach zwei Beiträgen mit allem, was ich bis jetzt zusammentragen konnte, hatte ich nun das Glück, von meinem Leser Herbert R. Scans von vier Seiten der „Musterblätter für topographische Arbeiten des Königlich Preußischen Generalstabs“ in der 11. Auflage aus dem Jahr 1904 zu bekommen. Diese sind hauptsächlich deshalb interessant, weil sie frühe Muster der linkskursiven Schrift sowie Beispiele für ihren Gebrauch zeigen, die in der ersten Ausgabe von 1818 (Nachdruck 1989) noch nicht enthalten waren. Dies lässt vermuten, dass die „Römisch Linkskursiv“ im 19. Jahrhundert Verbreitung fand.
Seite VI der Musterblätter enthält Schriftmuster. Die „Römisch Linkskursiv“ gibt es dort als „Rückwärts liegende Kapitalschrift“ (Majuskeln, Großbuchstaben) und „Rückwärts liegende römische Schrift“ (Minuskeln, Kleinbuchstaben). Da es je nach Bundesland und zuständigem Amt eine eigene Form der „Römisch Linkskursiv“ gab, finden sich Abweichungen zu anderen linkskursiven Schriften. – Zu sehen ist hier auch eine mir bisher unbekannte schraffierte Variante.
(zum Vergrößern anklicken)
Wie die anderen erfreut Seite VII durch ihren Visualisierungsstil.
Das Diagramm zum Schraffierungsverhältnis der Böschungen hat es mir besonders angetan.
Auch wenn mich diese Blätter mit ihrer Ästhetik sehr ansprechen, so will ich mich nicht in zahlreichen Ausschnitten ergehen, sondern es hauptsächlich bei denen mit der „Römisch Linkskursiv“ belassen (weitere Details könnten Inhalt eines anderen Beitrags werden). – Seite III mit den Gewässern ist sicher die aufwändigste …
… und natürlich die mit den Anwendungsbeispielen für die „Römisch Linkskursiv“.
Hier fallen einige Unterschiede zur den Schriftmustern auf: So hat z. B. das f eine Unterlänge, die meisten Buchstaben einen geschwungenen Auslauf und das e einen gekrümmten Überlauf.
Neben dem zweistöckigen a gibt es (wegen der Buchstabenhöhe?) das einstöckige, und das K hat gleich eine ganz andere Form. – Hier der einzige Auftritt der schraffierten Ausführung:
Nicht minder bemerkenswert ist Seite VII mit den Wohnstätten und deren Umgebung.
Ich wünschte, mit den Augen eines Kulturhistorikers oder mit denen eines mit der Geschichte seiner Profession vertrauten Kartografen schauen und noch viel mehr entdecken zu können.
Danke an Herbert R. für die Scans!
Haarige Angelegenheit
Sehr schön: „Time to Sharpen Up Dudes“ von Jacques Maes aus Belgien.
Diese Illustration gibt es auch als Druck in fünf Größen. – Danke an Jacques für die Genehmigung zur Reproduktion!