Kultur
Einige Steine (3)
Im Wald bei Rüsselsheim gibt es einen Haufen Steine. Über den Zweck dieser Steine habe ich lange gerätselt, doch angesichts des recht aufwändigen Schutzes1 muss es ein wichtiger sein.
Vor wenigen Tagen kam ich endlich darauf: Wer mag, nimmt sich drei Steine und formt mit diesen seine persönliche Variante „einiger Steine“. Das war meine:
Offenbar kümmert sich jemand um die Pflege des Haufens, denn am nächsten Tag waren meine einigen Steine wieder weg.
- Der Umstand, dass ausgerechnet drei Seiten geschützt sind und nicht etwa nur eine oder alle vier, hätte mich eigentlich rasch auf die Erklärung bringen müssen.↩
Zeichen der Zeit
Schrift, die sich auflöst und verschwindet, übt einen besonderen Reiz auf mich aus.
Einige Sterne
Meine Freude an „some rocks“ des US-amerikanischen Zeichners Ernie Bushmiller hat sich zu einer angenehmen Obsession entwickelt. So halte ich nicht nur Ausschau nach dieser Formation in meiner Umgebung, sondern freue mich auch über die Varianten, die Michael Leddy in seinem Weblog Orange Crate Art1 präsentiert. In seiner neuesten nutzt er ein 5000 Jahre altes Piktogramm aus Mesopotamien, das drei Steine zeigt, „Berg“ bedeutet und schließlich zum Keilschriftzeichen „kur“ wurde. So wandeln Nancy und Sluggo nun in „Nancy revised“ auf schrifthistorischen Pfaden.
Nachdem mir kürzlich auf einem Werbeplakat ein Sternchen aufgefallen ist, habe ich etwas über dieses Zeichen gelesen und bin dabei auf den Asterismus gestoßen. Das im Englischen „asterism“ genannte Satzzeichen (Unicode U+2042) heißt in der Zeichentabelle von Microsoft Windows „Sterngruppe“ und besteht ebenso wie „some rocks“ und „kur“ aus drei Elementen. Klar, dass ich diesen Fund nicht unverarbeitet lassen konnte:
Während in dieser kleinen Albernheit die Sterngruppe als solche und – ebenso wie die drei Steine für die Landschaft – für den Sternenhimmel auftritt, kennzeichnet sie in der Typografie eine kleine Unterbrechung im Text oder weist auf einen Abschnitt hin.
- Orange Crate Art feiert heute seinen zehnten Geburtstag. Happy Birthday! :-)↩
Einige Steine
Schon vor ein paar Jahren bin ich durch Orange Crate Art auf den US-amerikanischen Zeichner Ernie Bushmiller (1905–1982)1 aufmerksam geworden2. Bushmillers wohl bekannteste Comic-Serie „Nancy“ besticht durch ihren Minimalismus, zu dem auch „some rocks“ gehören, einige Steine, die immer wieder auftauchen.
Hier sind sie unten links:
(Das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.) Doch warum ausgerechnet drei? Der Comiczeichner und -theoretiker Scott McCloud schreibt dazu:
Ernie Bushmiller didn’t draw A tree, A house, A car. Oh, no. Ernie Bushmiller drew THE tree, THE house, THE car. Much has been made of the “three rocks.” Art Spiegelman explains how a drawing of three rocks in a background scene was Ernie’s way of showing us there were some rocks in the background. It was always three. Why? Because two rocks wouldn’t be “some rocks.” Two rocks would be a pair of rocks. And four rocks was unacceptable because four rocks would indicate “some rocks” but it would be one rock more than was necessary to convey the idea of “some rocks.”
Diese drei Steine finde ich grandios, und so halte ich oft Ausschau nach einer solchen Formation. Während ich sie in meinem Umfeld noch nicht finden konnte, ist sie mir kürzlich in einem gut 450 Jahre alten Holzschnitt aufgefallen.
Diese Abbildung3 zweier Schaftbelüftungenen stammt aus dem 1556 veröffentlichten Buch „De re metallica“, das sich mit dem Bergbau, der Metallveredelung und der Verhüttung befasst. Wie in vielen anderen Holzschnitten dieses Buchs gibt es hier zahlreiche Steine zu sehen, mit denen die Landschaft angedeutet wird. Unnötig zu sagen, dass mich die drei Steine am linken Rand etwa auf halber Höhe an die von Ernie Bushmiller erinnern (auch wenn es bei Agricola nicht bei diesem Trio bleibt).
So, jetzt gehe ich mit Kisho spazieren – vielleicht sehe ich ja heute „some rocks“ …
- Einen sehr lesenswerten Artikel über Ernie Bushmiller gibt es unter „The Lawrence Welk of Cartoonists: Ernie, Nancy, and the Bushmiller Society“.↩
- Sein „No“ begeistert mich noch heute, und so habe ich es mir auf ein T-Shirt drucken lassen.↩
- Der hier gezeigte Scan stammt aus der Wiederveröffentlichung der ersten englische Fassung von 1912, erschienen bei Dover Publications, New York.↩
Yo no bi
In der lesenswerten Besprechung des Hobonichi Techo bei Pen&Design fiel mir folgendes auf:
The Planner is thoughtfully designed, able to be employed for a multitude of tasks, and a pleasure to use. The more I used, the more I started to appreciate it, and to feel that it truly belonged to me. It truly does exemplify the Japanese concept of ‘Yo no bi’ – or ‘beauty through use’.
Schönheit durch Gebrauch? Da dachte ich natürlich sofort an die Spuren, die so manchen Gegenstand in meinen Augen schöner werden lassen, und meine Freude über das Altern z. B. des Etuis für den Spitzer Janus 4048. Doch woher kommt „yo no bi“1?
Eine kurze Recherche ergab, dass dieses Konzept aus der Mingei-Ära der späten 1920er und 1930er Jahre stammt. Ihr Begründer Yanagi Sōetsu (1889–1961) hat die Volkskunst-Bewegung in seinem 1972 veröffentlichten Buch „The Unknown Craftsman“ beschrieben und darin auch die japanische Sicht auf das (Kunst-)Handwerk gewöhnlicher Leute sowie den Umgang damit untersucht. Wenn ich es richtig verstanden habe, tragen dieser Philosophie zufolge zur Schönheit eines Gegenstands nicht nur seine Gestaltung und die Gebrauchsspuren, sondern auch dessen sinnlicher Aspekt und sein Gebrauchswert bei (was ein wenig an das Arts and Crafts Movement erinnert).
Zurück zum Hobonichi Techo: Auch ich erlebe, dass er mir mit zunehmendem Gebrauch immer besser gefällt – ein Empfinden, das ich bisher nur bei sehr wenigen Gegenständen hatte2.
- „Yo no bi” besteht aus den Kanji-Zeichen 用 (yo), Gebrauch, und 美 (bi), Schönheit. – Die der japanischen Sprache Kundigen mögen über kleine Ungenauigkeiten hinwegsehen, mich aber bitte auf grobe Fehler hinweisen.↩
- Aber trotz allem: Die schönsten Dinge im Leben sind keine Dinge.↩
Essen – Schlafen – Kisho
Als ich vor einiger Zeit wieder einmal länger mit unserem Shiba-Rüden Kisho unterwegs war, fiel mir auf, dass ich an manchen Tagen kaum mehr mache als zu essen, zu schlafen und mich mit ihm zu beschäftigen1. Da hatte ich eine Idee: Ein T-Shirt mit drei Bildern, die das zeigen! Zuhause angekommen habe ich meiner besseren Hälfte davon erzählt, worauf sie nur sagte: „Gibt’s schon.“ Sie hatte in gewisser Weise recht, denn ein Anbieter, dessen Website nicht mehr erreichbar ist, hatte T-Shirts mit „Eat – Sleep – Shiba Inu“ (und Varianten für zahlreiche andere Hunderassen) im Sortiment. Die Umsetzung gefiel mir jedoch gar nicht, und so hielt mich nichts davon ab, die Idee zu verfolgen.
Da ich nicht zeichnen kann, habe ich mich an meinen als freien Illustrator tätigen Kollegen Dominik Hüfner gewandt, und schon nach kurzer Zeit konnte ich das von ihm erstellte Motiv2 bei Spreadshirt hochladen. Vor zwei Tagen ist das T-Shirt eingetroffen.
Ich finde das Motiv großartig und habe mir gleich noch weitere T-Shirts in anderen Farben bestellt.
So, und jetzt geht es auf ein Shiba-Treffen, natürlich in diesem T-Shirt!
- Das ist auch einer der Gründe dafür, dass hier in letzter Zeit so wenig los ist.↩
- Falls jemand nach den Kosten fragt: Die Rechnung habe ich noch nicht.↩