Römisch Linkskursiv (2)

Man­che Dinge las­sen mir keine Ruhe, so auch die Frage nach der Her­kunft der auf topo­grafischen Kar­ten – und nur dort – ver­wen­de­ten Schrift „Römisch Links­kur­siv“1.

Römisch Linkskursiv (2)

Aus­schnitt der topo­gra­fi­schen Karte für Groß-​Gerau (© Hes­si­sches Lan­des­ver­mes­sungs­amt 1997)

Die die­ser Schrift eigene Ästhe­tik hat es mir ange­tan2. Schon ein­mal habe ich etwas über sie geschrie­ben; in der Zwi­schen­zeit hatte ich das Glück, mehr zu erfahren.

Römisch Linkskursiv (2)

Aus­schnitt der topo­gra­fi­schen Karte für Groß-​Gerau (© Hes­si­sches Lan­des­ver­mes­sungs­amt 1997)

Die links­ge­neig­ten Buch­sta­ben stam­men nicht immer aus typo­gra­fi­schen Satz­schrif­ten, son­dern wur­den beson­ders bei alten Kar­ten nur für diese gra­viert, gezeich­net oder geschrie­ben. Die typo­gra­fi­sche Erstel­lung der Kar­ten­be­schrif­tung wurde erst mit dem Foto­satz ren­ta­bel mög­lich; dass es die „Römisch Links­kur­siv“ bereits zu Zei­ten des Blei­sat­zes gab, darf bezwei­felt wer­den. – Den Pro­to­ty­pen eines Foto­satz­ap­pa­ra­tes ent­wi­ckelte Ing. Hugo Heine in den 1950er Jah­ren beim Braun­schwei­ger Westermann-​Verlag. Die­ser Pro­to­typ wurde spä­ter von der H. Bert­hold AG zur Dia­typ wei­ter­ent­wi­ckelt und 1958 auf der DRU­PA vor­ge­stellt. Erwäh­nens­wert in die­sem Zusam­men­hang ist ein Kom­men­tar von Ste­phen Coles bei Typophile, in dem er Erik Spie­ker­mann zitiert:

These used to be the fonts car­to­graph­ers used. Left-​leaning ita­lic for rivers, etc. They used to be engra­ved, thus the look. Bert­hold used to cre­dit them with the admi­nis­tra­tion respon­si­ble for the stan­dard, i.e. Baye­ri­sches Landes­vermessungsamt (Bava­rian Office for Land Regis­try or some­thing — the state car­to­gra­phy office). They’re really cool and i’ve been mea­ning to use them for years. I set maps with that stuff on a Dia­type, back in the 60s (i know, i know…)

Römisch Linkskursiv (2)

Aus­schnitt der Legende zur topo­gra­fi­schen Karte für Bad Karls­ha­fen (© Nie­der­säch­si­sches Lan­des­ver­mes­sungs­amt 1987)

Offen­bar gab es nicht nur eine links­kur­sive Kar­ten­schrift, son­dern ver­schie­dene, je nach Bun­des­land und zustän­di­gem Amt. Wer diese nie frei erhält­li­chen Schrif­ten gestal­tet hat, ist nicht über­lie­fert (Lino­type nennt daher ledig­lich „Ger­man Car­to­gra­phic Design“). In die digi­tale Zeit geschafft haben es nur zwei Schrif­ten mit gene­ri­schem Namen, näm­lich „Rö­misch“ und „Kur­siv­schrift“; von bei­den gibt es auch einen links­ge­neig­ten Schnitt.

Römisch Linkskursiv (2)

Römisch Rück­wärts Lie­gend (Lino­type)

Römisch Linkskursiv (2)

Kur­siv­schrift Rück­wärts Lie­gend (Lino­type)

Wer sich einige Ori­gi­nale anschauen möchte, wird im Mus­ter­blatt für die Topo­gra­fi­sche Karte 1:25000 fün­dig. Die­ses zeigt auf Seite 58 alle Vari­an­ten der links­kur­si­ven Schrift und macht Anga­ben zu ihrer Verwendung.

Römisch Linkskursiv (2)

Schrift­mus­ter für Gewäs­ser­na­men (Aus­schnitt des Mus­ter­blatts für die Topo­gra­fi­sche Karte 1:25000; Lan­des­ver­mes­sungs­amt Nordrhein-​Westfalen, 3. Auf­lage 1993)

Span­nend wäre ein Besuch der Biblio­thek des Georg-​Eckert-​Instituts in Braun­schweig, wo unzäh­lige alte Kar­ten ein­seh­bar sind. – Vie­len Dank an Indra Kup­fer­schmid, Flo­rian Hard­wig und Jür­gen Sie­bert für die inter­es­san­ten und hilf­rei­chen Details!

Nach­trag vom 21.9.12: Wei­ter geht’s unter „Römisch Links­kur­siv (3)“.

  1. Ich weiß nicht mehr, woher ich die­sen Namen habe. Auch wenn jetzt ein ande­rer viel­leicht bes­ser pas­sen würde, so behalte ich ihn wegen der Kon­sis­tenz bei.
  2. Nicht nur die Ästhe­tik die­ser Schrift, son­dern auch die der topo­gra­fi­schen Kar­ten all­ge­mein finde ich sehr reiz­voll. Schade, dass deren Gestal­tung nach und nach geän­dert wird und un­zählige schöne Details der Ver­ein­fa­chung zum Opfen fal­len.

9 Kommentare zu „Römisch Linkskursiv (2)“

  1. da ist sie wie­der <3

    ((übri­gens: vor zwei tagen habe ich im land­kar­ten­haus (buch­hand­lung anger­mann, http://www.landkartenhaus.de/) die auch alte/​historische kar­ten haben, und habe eine urkai­ni­sche karte von 92, die gegend um tscher­no­byl ist mit dabei, ausgegraben.
    da gibt es keine links­kur­si­ven. ob es eine deut­sche beson­der­heit ist?
    viel­leicht auch einen besuch wert wenn du mal in wies­ba­den bist ;) ))

  2. Aber klar! So schnell lässt die mich nicht los :-) Und wenn ich irgend­wann noch mehr her­aus­finde, kommt Teil 3.

    Danke für den Hin­weis auf das Land­kar­ten­haus! Da muss ich unbe­dingt mal hin. – Kennst Du das Landkarten-​Geschäft in Frank­furt im Park­haus Haupt­wa­che, direkt neben Zweitauseneins?

    Soweit ich weiß, war die links­kur­sive Schrift eine deut­sche Beson­der­heit, doch Belege dafür habe ich nicht.

  3. ja klar kenn ich das :)
    bei der gele­gen­heit schau doch auch mal in den laden neben merlins-​spiele am dern­schen gelände ;)

  4. Hier ein klei­ner Anschme­cker auf den nächs­ten Bei­trag zu die­sem Thema:

    Anschmecker

    Anschmecker

    Danke an Her­bert R. für diese Scans!

    Die Aus­schnitte stam­men aus der Mus­ter­blät­tern für topo­gra­phi­sche Arbei­ten des König­lich Preu­ßischen Gene­ral­stabs, deren 11. Auf­lage 1904 erschien. In der ers­ten Aus­gabe von 1818 (Nach­druck 1989) sind die links­kur­si­ven Schrif­ten noch nicht enthalten.

  5. Ja, aller­dings, doch lei­der gestal­tet sich die Suche nach dem Ori­gi­nal oder zumin­dest einem höher auf­ge­lös­ten Scan als ziem­lich knifflig :-\

  6. Ich suche die genann­ten Mus­ter­blät­ter für topo­gra­phi­sche Arbei­ten des König­lich Preu­ßischen Gene­ral­stabs in der 11. Auf­lage, erschie­nen in Ber­lin 1904, im Ori­gi­nal oder als hoch auf­ge­löste Scans. – Ich melde mich!

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