Dieser kleine Maßstab gibt mir Rätsel auf.
Er ist 85 mm lang und hat eine Skala mit 180 Teilen, wobei ein Skalenteil 0,4 mm und somit die ganze Skala 72 mm misst. Nun könnte man bei den Angaben „mm“ und „at“ auf den Gedanken kommen, dass ein Zusammenhang mit Drücken besteht (mmHg und Technische Atmosphäre), aber diesen konnte ich auch nach längerem Hantieren mit Einheiten nicht bestätigen. – Rumold, der bekannte deutsche Zeichengeräte-Hersteller, konnte mir nicht weiterhelfen, und das Pfunds-Museum, ein hervorragendes Museum, das sich dem Messen und Wiegen widmet, hat mir leider nicht geantwortet.
Haben meine geschätzten Leser eine Idee, wozu dieser Maßstab diente?
Anm.: Der Bleistift im Bild ist ein Mitsubishi uni.
Nachtrag vom 14.12.24: Das Rätsel ist gelöst.
Oh je, dass kann natürlich allem Möglichen gedient haben. Zum Beispiel Ablesen eines Wertes, eines Druckes, an einem Gerät oder aus einer Messkurve. Die Skalierung entspricht 2,5 at/mm.
Wenn es um Druck geht, dann ist das Maximum von 180 at ist schon eine Hausnummer. Das entspricht dem Wasserdruck bei 1,8 km Tiefe. Wollte man so weit runter bräuchte man ein Tiefsee-U-Boot, ein normales soll vielleicht 1/3 bis 1/2 der Tiefe schaffen.
Wenn ich Tiefenmessung in/für U-Boote ausschließe, dann fallen mir noch Hochdruck-Erdgasleitungen ein. Die kommen in den Bereich.
Ignoriert man wofür at stehen könnte, dann ist das ein Maßstab 1:25 (1 cm auf einem Plan ≙ 25 cm in der Wirklichkeit). Ebenso könnte 1:2500 gehen (1 cm auf einem Plan ≙ 25 m in der Wirklichkeit).
Danke für diese Details! Das sind natürlich sportliche Werte, bei denen ich aber ausschließe, dass man sie mit einem solchen Maßstab abliest. – Prinzipiell wäre auch der in Landkarten übliche Maßstab 1:250.000 möglich, doch da ist dieses Utensil sicher auch keine große Hilfe.
Eine „Rumfrage“ auf Mastodon ergab einen Hinweis auf „Federmaßstab“, wie z.B. in diesem Artikel in der VDI-Zeitschrift.
Hilft das weiter?
Habe im Netz einen Umrechner für technische Atmosphäre (at) in Millimeter Quecksilbersäule (mmHg/Torr) und Millimeter Wassersäule (mmH2O, mmWS) gefunden. Passt von den Umrechnungsverhältnissen nicht, aber könnte in diese Richtung gehen.
Viola: Danke fürs Rumfragen und die Links! Die zu den Indikatordiagrammen in der VDI-Zeitschrift angegebenen Federmaßstäbe („x mm = y at“) passen hervorragend, und mit diesem Begriff kam ich auf ein bemerkenswertes Buch aus dem Jahr 1938, in dem nicht nur der Federmaßstab, sondern auch ein „Schreibstiftweg“ erwähnt wird. Es sieht so aus, als wäre der Maßstab an letzteren angelegt worden (und vielleicht war das gezeigte Exemplar einer von mehreren in einem Set für verschiedene Skalierungen). Ich bleibe dran!
Bobby: Danke für diesen Hinweis! Auf diese Umrechner bin ich auch gestoßen, aber leider passen die Größenordnungen nicht so richtig.
die KI meint:
Ein Lineal mit 180 Skaleneinheiten auf 72 mm wird häufig in der Typografie oder beim Drucken verwendet. Hierbei handelt es sich um ein Lineal für DTP (Desktop Publishing) oder Schriftmaß-Anwendungen. Die 180 Skaleneinheiten entsprechen Punktgrößen, wobei 1 Punkt (pt) = 1/72 Zoll ist.
Zweck:
• Es wird verwendet, um Schriftgrößen, Zeilenabstände oder Satzbreiten direkt zu messen oder zu kontrollieren.
• Die Skaleneinheiten basieren auf dem traditionellen typografischen Punktmaßsystem.
Hintergrund:
• 72 Punkte entsprechen genau 1 Zoll (2,54 cm). Daher ergeben sich auf 72 mm (ca. 2,8346 Zoll) genau 180 Skaleneinheiten.
• Es ist ein präzises Werkzeug für Gestalter, Drucker und Typografen, um Maße in Punkten direkt an einem physikalischen Layout zu überprüfen.
Hast du ein konkretes Projekt oder einen Einsatzbereich im Sinn?
Interessant, was die KI da meint, und die Übereinstimmung der Werte ist wirklich bemerkenswert! Allerdings passt die Beschriftung des Maßstabs überhaupt nicht dazu.
In dem Buch „Der Indikator. Seine Theorie und seine mechanischen optischen und elektrischen Ausführungsarten“ von K.J. de Juhasz und J. Geiger (Springer 1938) wird ein sog. Federmaßstab erwähnt, mit dem bei Messfedern von Indikatorkolben der Schreibstiftweg in mm pro kg/cm² bestimmt wird. Eine Tabelle führt unterschiedliche Federmaßstäbe auf, darunter auch einen für 0,4 mm pro kg/m². Bei Google Books gibt es leider nur eine Vorschau des Buchs, so dass man den vollständigen Kontext nicht sehen kann, aber ich hatte das Glück, ein sehr günstiges Exemplar zu finden. Sobald es eingetroffen ist und ich Zeit finde, komme ich auf das Thema zurück.
In die gleiche Richtung geht der Abschnitt zum Indikator aus dem Buch „Enzyklopädie des Eisenbahnwesens“ von Dr. Freiherr v. Röll (2. Aufl. 1912–1923).
Hallo,
das hat mich auch neugierig gemacht ;-)
Ich wurde hier fündig (ein Indikator, um Druckdiagramme zu erstellen) – da sind auch noch mehr von den Maßstäben abgebildet (Bild-Nr. 12) : https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/maihak-indikator-h-maihak-techn-messinstrument-druckdiagramm-/2609506858-234-6273
Näheres zum Indikator und seinem Erfinder Maihak läßt sich hier nachlesen: https://funkstunde.com/technik/maihak/
Vielleicht hilft das ja weiter?
Ich komme hier schon seit Jahren immer mal wieder her, und entdecke immer etwas interessantes – vielen Dank!
Das ist ja ein toller Fund! Er hilft tatsächlich weiter und ist obendrein des Rätsels Lösung :-) Dieses Instrument diente der Aufzeichnung und Messung von Drücken, und der jetzt nicht mehr mysteriöse Maßstab gehörte dazu.
Ein Blick zurück. James Watt, der die Dampfmaschine wesentlich verbessert hat, suchte nach einer Möglichkeit, schwankende Zylinderdrücke zu messen. Dazu ersann er um 1790 ein Gerät mit geringer Trägheit, das den Druckschwankungen genau folgen konnte. Es bestand aus einem federbelasteten Kolben mit einem Zeiger an der Kolbenstange, der an einem feststehenden Maßstab den Dampfdruck anzeigte. 1796 verbesserte John Southern, ein Angestellter von Watt, diese Vorrichtung, in dem er den Zeiger durch einen Schreibstift ersetzte und den Maßstab durch eine Tafel, auf dem ein Blatt Papier befestigt war. Die Tafel konnte senkrecht zur Stiftbewegung verschoben werden, wodurch aus Watts Indikator ein aufzeichnendes Gerät wurde. Später hatte Southern die Idee, die Tafel durch ein schwingendes Maschinenteil bewegen zu lassen, so dass ein geschlossenes Diagram entstand, mit dem auch die Arbeitsleistung der Maschine ermittelt werden konnte.
Zu den vielen klugen Köpfen, die sich Varianten und Verbesserungen des Indikators ausgedacht haben, gehörte der Ingenieur Hugo Maihak, 1858 in Oberschlesien geboren. Von ihm stammt der „Maihak-Indikator“ genannte Druckdiagramm-Schreiber, den er ab etwa 1900 in seinem Unternehmen in Hamburg produzierte und von dort in alle Welt verkaufte.
Um den Druck aus der Aufzeichnung abzulesen, wählte man je nach Kolbengröße und Feder den geeigneten Federmaßstab (das Set mit dem Maihak-Indikator enthielt mehrere).
Der eingangs gezeigte Maßstab mit 0,4 mm Schreibstiftweg pro 1 at (kg/cm²) findet sich ganz unten etwa in der Mitte. – Einige der Details sowie die Abbildung und die Tabelle stammen aus dem Buch „Der Indikator. Seine Theorie und seine mechanischen optischen und elektrischen Ausführungsarten“ von Prof. Kalman J. de Juhasz und Dr. Jos. Geiger, erschienen 1938 bei Springer.
Färbung und Maserung des Maßstabs sprechen übrigens für das Holz des Buchsbaums, das früher gerne für Lineale und Maßstäbe benutzt wurde, weil es wegen seiner Härte und der kurzen Fasern beim Ritzen nicht ausriss.
Also ein Gerät zur Druckmessung. Wenn ich es recht verstehe zum Beispiel in Dampfkesseln, wie bei Dampfloks. Allerdings sind 180 at auch bei Dampfloks eine Hausnummer. Aber es gab weltweit ein paar wenige Dampfloks die versuchsweise für so hohen Drücke gebaut wurden https://de.wikipedia.org/wiki/Hochdrucklokomotive D.h. das sind Drücke die man schon vor ca. 100 Jahren technisch beherrschte, egal ob in Lokomotiven oder woanders. Kein Wunder dass es schon damals Messgeräte dafür gab.
Der Herr Ingenieur Hugo Maihak beschäftigte sich auch mit dem technischen Zeichenwesen:
H. Maihak: Die Vervielfältigung von Zeichnungen insbesondere von technischen Zeichnungen. Verlag Julius Springer. 1887. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-642-91928-2
Laut dem Deckblatt ist das Buch eine Zusammenstellung von vier Artikeln die Maihak im gleichen Jahr in der VDI Zeitschrift veröffentlichte, No. 19, 20, 21 und 23 und die auf einem Vortrag beruhten. Jetzt wird es lustig. Denn diese vier Artikel befinden sich genau in jenem Sammelband den Viola oben verlinkt hat. Sachen gibt’s …
Band XXXI, Sonnabend den 7. Mai 1887, No. 19, Seite 385 https://books.google.de/books?id=YXcfAQAAMAAJ&hl=de&pg=PA385#v=onepage&q&f=true
Es ist beeindruckend, was damals schon möglich war!
Danke für die Links! Dass diese Artikel zur Vervielfältigung von Zeichnungen von Hugo Maihak in dem von Viola verlinkten Artikel auftauchen, ist wirklich ein lustiger Zufall :-)