Mit dieser Anzeige, die sofort erkennbar aus den 1970er Jahren stammt, warb Geha für seinen Drehbleistift Ultra Pen. Und in der gibt’s einiges zu sehen.
Dem Bleistiftstummel hat man mit dem Messer eine schlimme Spitze verpasst, um ihn neben dem Ultra Pen1 möglichst unattraktiv wirken zu lassen.
Auch die Personen finde ich bemerkenswert. Der Mann im Laborkittel2 soll vermutlich wissenschaftliche Autorität vermitteln, doch der leicht geneigte Kopf schwächt das leider etwas ab. Die Frau hingegen macht mit fokussierendem Blick und angehobenem Kinn einen ganz anderen Eindruck, bringt aber durch Block und Ultra Pen eine Barriere zwischen sich und den Betrachter. Nicht so gut weg kommt die junge Frau, denn obwohl die herausgestreckte Zunge ein Zeichen für hohe Konzentration und damit eigentlich etwas positives ist, so wirkt diese Geste auf einem Foto unvorteilhaft; die offenbar retuschierte Frisur macht es nicht besser. – Für mich ist diese Gruppe nicht einladend, sondern eher distanziert, ja vielleicht sogar abweisend.
Und warum freut sich keiner von den dreien über den Ultra Pen?
Die fette Schrift mit der hohen Mittelhöhe ist die hier unterschnittene Antique Olive Black von Roger Excoffon aus dem Jahr 1969. – Dem Layout der Rückseite nach erschien diese 26 × 12 cm große Anzeige im Magazin „DER SPIEGEL“.
Mehr zum Ultra Pen gibt es unter „Der Super-Bleistift“.
- Warum man das Schreibgerät „Pen“ und nicht korrekterweise „Pencil“ genannt hat, kann ich mir nur damit erklären, dass „Pen“ kürzer und so der Produktname griffiger ist.↩
- In der Brusttasche steckt aber kein Ultra Pen.↩
I really love your analysis of the advert. If you watch closely it is such an interesting combination of manipulation. Really clumsy in modern day standards. Thank you. Your eye to detail is unmatched from this side of the internet (me as a viewer).
Wowter, thank you for your comments and your kind words. Yes, that’s indeed interesting, and today’s attempts are much smarter. – It was fun to look at that advert!
> Und warum freut sich keiner von den dreien über den Ultra Pen?
Ich schreibe mal meine nicht besonders tiefsinnig Interpretationen der Personen. Der Stift ist eine ernste Sache:
Mann: Ingenieur. Denkt über was wichtiges, seine nächste große Konstruktion, nach. Daher auch der leicht geneigte Kopf. Denkerpose, damit er in seinem Kitteln nicht mit einem Einzelhändler verwechselt wird. Braucht einen zuverlässigen Bleistift um nach der Erleuchtung seine moderne Idee mit einem modernen Bleistift zu dokumentieren.
Frau: Moderne, arbeitende Frau. Warum ist das wichtig? Wir sind in den 70ern. Bis 1977 stand im BGB „Sie [die Frau] ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.“ War also nicht ganz so einfach zu arbeiten. Arbeitet in der Verwaltung, Lagerhaltung, etc. Hat Verantwortung. Muss viele Listen führen. Braucht einen zuverlässigen Bleistift. Sie ist modern, sie will einen modernen Bleistift.
Kind: Mireille Mathieu Bubikopf-Frisur. Also für die Zeit „in“ und modern. Konzentriert sich auf ihre Hausarbeiten. Will nicht so einen altmodischen Bleistift, sondern was modernes, zuverlässiges. Weil man geht mit der Zeit.
Kleiner Spass am Rande. Als ich das Bild in die Google-Suchmaschine eingegeben habe schlug sie mir vor dass das ein Bild der Carpenters (Gesangsduo aus den 70ern) sein könnte :)
Florian, danke für deinen Kommentar – deine Interpretation ist klasse! Ich denke, dass du sehr richtig liegst und die Details – besonders zum BGB – zweifellos eine Rolle spielen. Und ja, das alles könnte den Ernst erklären. Bei den Carpenters kommen mir aber schlimme Bilder und ebensolche Töne in den Kopf ;-)
As The Joker would say: „Why so serious?“ The bloke in the white coat looks as though he’s about to give you a cancer diagnosis and the woman on the left (guessing some kind of secretary or PA) could be telling you the MD wants a meeting without coffee and doughnuts. Only the child seems to be lost in the moment with her pencil. It looks slightly odd when most advertising tries to convince you that your life isn’t complete without their product. Perhaps Geha were going for something with a bit more gravitas?
Stationery Traffic, that’s an unusual interpretation – thank you for sharing it! Who knows what was going on in the minds of those who thought up this advert back then …