Juni 2019
Postal
Nach einem kurzen Blick auf die Verwendung von Rot-Blau-Stiften fiel mir der „Postal“ der Venus Pen & Pencil Corp. ein, der schon länger in einer meiner Schubladen ruht.
Diese Rot-Blau-Stifte stammen aus der Zeit von 1956 bis 1967, denn davor hieß der Hersteller American Lead Pencil und danach Venus-Esterbrook1.
Es spricht also einiges dafür, dass Rot-Blau-Stifte auch bei der US-amerikanischen Post ihren speziellen Einsatzzweck hatten. – Ich habe erfahren, dass die Deutsche Post das Nachentgelt für den Empfänger mit einem dicken blauen Farbstift2 auf dem Umschlag vermerkt (heute wird das jedoch kaum noch gemacht, da durch die maschinelle Verarbeitung eine Unterfrankierung früher erkannt und die Sendung an den Absender zurückgeschickt wird). Ob es bei der Deutschen Post auch für Rotstifte eine besondere Verwendung gab oder noch gibt, konnte ich jedoch nicht herausfinden.
- Henry Petroski: Der Bleistift. Die Geschichte eines Gebrauchsgegenstands. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser, 1995.↩
- Ähnlich diesem Exemplar. – Man nimmt übrigens einen holzgefassten Farbstift und keinen Filzstift, da letzterer durchschlagen und Spuren auf dem Inhalt hinterlassen könnte.↩
Rot und Blau (1)
Rot-Blau-Stifte, also Farbstifte, die eine rote und eine blaue Mine vereinen1, erfreuen sich schon lange großer Beliebtheit. Doch wozu wurden und werden sie benutzt? Über die Jahre konnte ich von folgenden Verwendungszwecken erfahren.
- In deutschen Krankenhäusern hat man in der am Bett hängenden Patientenakte mit Rot den Blutdruck und mit Blau die Körpertemperatur vermerkt (Quelle: persönliche Mitteilung).
- In den Schulen Italiens wurde mit Rot ein normaler und mit Blau ein schwerer Fehler gekennzeichnet (Quelle: Pencils, Marco Ferreri, 1996).
- Im 2. Weltkrieg haben deutsche Soldaten auf Landkarten die feindlichen Truppen in Rot und die eigenen in Blau eingetragen (siehe dazu auch die Beträge zu Landkartenstiften).
- In deutschen Grundschulen schreiben Rechenanfänger mit Rot die Zehner und mit Blau die Einer (Quelle: persönliche Mitteilung, 2018).
- Bei einer anderen Verwendung im Krankenhaus werden mit Rot die Akten schwieriger und mit Blau die Akten weniger schwieriger Fälle gekennzeichnet (die normalen Fälle erhalten keine Kennzeichnung; Quelle: persönliche Mitteilung aus der Zahnmedizin der Universitätsklinik Frankfurt/Main, 2017).
- Buchhalter nutzten Rot für die Ausgaben und Blau für die Einnahmen.
- Schreibanfänger in deutschen Schulen schreiben die Silben abwechselnd Rot und Blau (siehe Faber-Castell Jumbo Grip Bicolor).
- Lehrer in deutschen Schulen nutzen Rot für Korrekturen und Blau für Anmerkungen (Quelle: persönliche Mitteilung).
- Wasserinstallateure und Heizungsbauer zeichnen mit Rot die Warmwasser- und mit Blau die Kaltwasser-Installation an (Quelle: Pica zum Pica Classic DOUBLE 559).
Und wann greifen meine Leser zum Rot-Blau-Stift?
Nachtrag vom 5.5.23:
- Der Komponist Leonard Bernstein nutzte ebenfalls Rot-Blau-Stifte. Mit Rot trug er seine eigenen Interpretationen ein und mit Blau kennzeichnete er das, was der Librettist in die Orchesterstimmen eintragen sollte. (Quelle: „Bernstein, Leonard – Original Conducting Baton and Composing/Correcting Pencils“.)
- „Pencil Review: Red & Blue Pencils“ (Well-Appointed Desk)
- „Pencil Review: Red/Blue Combo Redo“ (Well-Appointed Desk)
- „Why do red and bluepencils exist?“ (Reddit)
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- Meist bestehen die Stifte jeweils zur Hälfte aus Rot und Blau, doch es gibt auch Exemplare mit 70% Rot und 30% Blau. – Neben den holzgefassten waren (und sind) mechanische Rot-Blau-Stifte erhältlich, z. B. von Autopoint.↩