Kaum bekannt und mit langer Geschichte: Der Magicus von Faber-Castell.
Mit seinem anthrazitfarbenen Schaft, der dunkelgrauen Tauchkappe und dem silbernen Prägedruck gibt der als Wirtestift angebotene Magicus eine elegante Erscheinung ab, und er passt gut zu der oft in Schwarz, Grau und Weiß gehaltenen Berufsbekleidung der Gastronomie.
Seine Kennzeichnung ist schlicht: Neben den üblichen Angaben1 trägt das Zeichen für das Securalverfahren, eine Blindprägung (hier: „h7″2) und „GERMANY“. Letzteres lässt mich vermuten, dass der Magicus nicht in Deutschland gefertigt wird, denn ansonsten würde ich wie beim hierzulande hergestellten Faber-Castell 9000 „Made in Germany“ erwarten. – Abgesehen von den nicht ganz geraden Kanten der Tauchkappen ist die Verarbeitungsqualität sehr gut. Farbe und Maserung des Holzes sowie die sehr gute Spitzbarkeit des Magicus sprechen für Weihrauch-Zeder.
Die Mine ist 3,2 mm dick und hat eine Härte, die der des STAEDTLER Mars Lumograph 3B entspricht. Sie schreibt etwas wachsig und gleitet dadurch nicht ganz so leicht, doch ihre Abgabe ist sauber. Der Magicus wird damit beworben, dass er auf fast allen glatten und auch nassen Oberflächen schreibt, und das kann ich nach ein paar schnellen Tests bestätigen.
Die Schwärzung des Magicus auf Papier ist etwa wie bei einem Bleistift in HB bis B, doch sein Strich glänzt weniger, ist wischfester und lässt sich schlechter radieren. Die Mine ist allerdings nicht allzu bruchfest und schreibt sich auf nassem Papier schnell ab.
Die ältesten Belege zum damals „Schwarzstift unverwischlich“ genannten Spezialstift finden sich in einem Rezeptbuch von A.W. Faber aus der Zeit von 1881–1890, das auch Wahlbleistifte für London aufführt. 1921 wurde die Marke „Magicus“ eingetragen, und im Warenkatalog3 dieses Jahres präsentierte man den verbesserten „Magicus“-Schwarzstift.
Der in drei Versionen und sechs Härtegraden erhältliche Magicus wurde als „Ersatz für Tinte und Feder als Schreibstift und auch als Durchschreibstift für Briefe, Listen, Tabellen, Notizbücher, Unterschriften, sowie als Markierstift z. B. für Straßenbahn-Fahrscheine“ beworben. Besonders hervorgehoben wurde seine Glanzlosigkeit, die seinen Strich selbst unter schwierigen Lichtverhältnissen, z. B. bei Lampenlicht im Bahnpostwagen, gut lesbar macht. Auch für das Schreiben auf glattem Papier, glänzenden Karton, Holz, Leder und Textilien war er geeignet.
Im Warenkatalog von 1927–30 fällt auf, dass der Magicus in Portefeuillestärke nicht mehr angeboten und der dicke Magicus 2858 mit einer Mine mit quadratischem Querschnitt dargestellt wird. Mit Gärtnern wird eine weitere Nutzergruppe genannt; Wirte sind noch nicht dabei.
Ende der 1950er Jahre wurde das Magicus-Sortiment um einen Fallminenstift erweitert; der holzgefasste Magicus hatte schon davor eine andere Gestaltung erhalten.
Mit dem CASTELL 9120 gab es jetzt nur noch einen Magicus-Bleistift. Die 3,15 mm dicken Minen für den Fallminenstift TK 9400 Magicus waren in Schwarz, Rot, Blau und Gelb erhältlich und schrieben auf Papier, Glas, Porzellan, Metall und Kunststoff. 1961 wurde zudem ein Magicus-Kugelschreiber zum Schreiben auf glatten, nicht fetthaltigen Flächen angeboten, und Ende der 1960er Jahre kamen rote Magicus-Kreiden mit Papierummantelung auf den Markt.
1979 wurde erstmals die Gastronomie erwähnt, doch die Bezeichnung „Gaststättenstift“ war nur auf der Verpackung des etwa 20 Jahre zuvor eingeführten 9120 zu finden und nicht auf dem Stift.
Wann der Magicus erneut umgestaltet und zum Wirtestift wurde, konnte ich noch nicht herausfinden. – Auf den Magicus bin ich durch Zufall aufmerksam geworden; für sechs Stifte habe ich bei Papiertiger Berlin knapp 10 Euro bezahlt.
Danke an Faber-Castell für die Details zur Geschichte des Magicus und die Scans!
Nachtrag vom 1.12.17: Ein Leser hat mir mitgeteilt, dass es auf der Faltschachtel des Magicus „Made in Germany“ heißt, der Stift also in Deutschland hergestellt wird.
Nachtrag vom 12.3.23: Die aktuelle Faltschachtel:
Ich finde es bemerkenswert, dass die Faltschachtel fast durchgehend in fünf Sprachen beschriftet ist (lediglich „Made in Germany“ auf einer Seitenfläche gibt es nur in vier).
- In der GTIN enthalten: Die Faber-Castell-Artikelnummer 215100.↩
- August 2017?↩
- In der Ich-Form schreibt hier Alexander Graf zu Castell-Rüdenhausen, später Alexander Graf von Faber-Castell, der damals das Unternehmen A.W. Faber leitete und 1905 den Bleistift Faber-Castell 9000 herausgebracht hat. – Danke an Sean von Contrapuntalism für den Hinweis!↩
Beautiful photographs, Gunther! And I like it that someone was thinking about whether a pencil’s mark was readable in a railway carriage.
There’s an American pencil that seems similar: A.W. Faber’s Black Magic.
Remarkable and very interesting post, thank you!
Michael Leddy and Sean: I’m happy to hear that you like it! Yes, thinking about readability in lamplight in a railway carriage is really appealing.
Great research. Thank you for bringing this fascinating story.
Wowter: Thank you, I’m happy to hear that!
Kannst du was zu sagen, wie der Magicus im Vergleich zum Stabilo All 8008 ist?
Hab gerade entdeckt, dass auch andere Hersteller noch ähnliche Stifte im Angebot haben:
* Lyra Plast-O-Mark – merkwürdiger Name, wer denkt sich sowas aus ;)
* Herlitz Wirtestift (softblack) – Den hattest du 2008 schonmal getestet, der scheint ja nicht so gut abzuschneiden.
Die Verarbeitungsqualität und die Wischfestigkeit sind beim Magicus besser als beim Herlitz Wirtestift und beim Stabilo All 8008, doch letztere sind etwas härter und der Herlitz ist nicht wasserlöslich.
Von LYRA gibt es neben dem Plast-O-Mark noch den Orlow Cellucolor 2940xxx (xxx = Farbe; ehemals 637x); der sehr weiche Glasschreiber Orlow 143x (x = Farbe) ist offenbar nicht mehr im Sortiment.
Besten Dank. :)
Are these still for sale in Germany?
I went to Berlin and Weil-am-Rhein early this year, but failed to visit any stationery stores or even an office supple outlet. That’s one of the things I most regret!
Winfried: Gern geschehen! :-)
Guillermo de la Maza: Yes, they are still for sale but they are distributed differently, i. e. not along with their regular products. There were some more special pencils (like the meat marking pencil, available in blue and brown) which were offered to business customers only and were not available in stationery stores. I was lucky to get the Magicus from a stationery store in Berlin; I haven’t expected that. – Maybe you will visit Germany again and will have another chance to visit some stationery stores!
I must definitely want to go back to your great country, I truly fell in love with Deutschland.
Before returning thou, contacting you will be high on my priority list, so that you can give me the right Bleistift route to follow. If I can get back here with only a third of the awesome pencils that you post here, I will die a happy man!
By the way, Is there a chance having that stationery place you mentioned shipping overseas?
Danke Schöne!
I’m happy to hear that!
I’m not sure if I can tell you about a Bleistift route. There are so many places in Germany I haven’t visited yet so I only know very few stationery stores. However, if you stay in larger cities you will most likely find at least one or two nice stores. – Many pencils I have shown here are vintage ones and no longer available (at last not easily). But now and then one can be lucky to find them in stores as old stock or on flea markets.
Regarding Papiertiger Berlin: I don’t know about their shipping options; I suggest contacting them.
Thank you very much for the contact info. I will reach to them.
Good luck!
Stifte die man heute nicht mehr wirklich braucht, im Zeitalter der Registrierkassen und der gedruckten Bons.
Das ist wohl so, kann aber diese Stifte umso interessanter machen!
Ich habe anscheinend noch eine ältere Version, nur mit der Aufschrift „Magicus“. Da steht auf der Schachtel das begehrte „Made in Germany“.
Danke für dieses Detail!