Aus einem Stifte-Allerlei: Drei alte J.S. STAEDTLER Noris 1100 № 2.
Wie ich von STAEDTLER erfahren konnte, ist dieser Noris der erste mit „zwei gegenüberliegenden schwarzen Stempelflächen und zwei gegenüberliegenden schwarzen Kantenstreifen“, wie es korrekt heißt, und damit die Urform des Bleistiftklassikers; er kam am 5. Januar 1934 auf den Markt. Diesen Bleistift mit orangefarbener Grundpolitur1 gab es mit leicht veränderten goldfarbenen Stempelungen (erst kam der Zusatz „CEDER“, danach „MADE IN BAVARIA“, dann fiel beides weg) bis März 1955.
Der Noris 1100 ist mit einem Durchmesser von 7,8 mm (Schlüsselweite 7 mm) geringfügig dicker als der aktuelle Noris 120 (7,4/6,8) und hat etwas schärfere Kanten. Gemessen an heutigen Standards zeigen Lack und Aufdruck kleine Fertigungsmängel, doch da diese Bleistifte vor mehr als 70 Jahren hergestellt wurden, muss man natürlich andere Maßstäbe anlegen. Die 2 mm dicke Mine allerdings beeindruckt auch heute noch: Mit sauberer Abgabe, starker Schwärzung, hoher Bruchfestigkeit und sehr guter Radierbarkeit2 muss sie den Vergleich mit aktuellen hochwertigen Minen nicht scheuen. Sie ist jedoch ein klein wenig härter als die des Noris 120 und daher auch etwas sparsamer.
Exkurs: Noris
Die Marke „Noris“ wurde am 10. September 1901 eingetragen und zuerst für runde und sechsflächige Stifte mit einfarbiger Politur benutzt3. Ein Bestseller der Noris-Reihe war u. a. der rote Noris 278, der in den 1910er Jahren angeboten wurde. Im März 1955 kam erstmals der Noris 1100 mit schwarzem Kronenkäppchen und weißem Ring auf den Markt4. Kurz darauf gab es ihn auch mit farbig sortierten Kronenkäppchen, aber nur im Härtegrad 2. Noch im selben Monat erhielt er seine gelbe Grundpolitur und im August 1955 die die fünf Härtegrade (1/2B über 2½/HB bis 4/2H) kennzeichnenden farbigen Kronenkäppchen, wenn auch mit anderer Codierung als heute (z. B. war HB gelb und B rot)5. Anfang 1962 wurde das Sortiment um den Härtegrad 0 mit weinrotem Krönchen erweitert, 1963 die Richtung der Beschriftung umgekehrt und 1967 die Artikelnummer auf 120 umgestellt.
Das letzte Bild zeigt ein Generationentreffen: Noris 1100 (1934–1943), Noris 1100 (1955–1963), Noris 120 (1973–2001) und Noris 120 (heute).
Danke an STAEDTLER für die Details zur Geschichte des Noris!
- Der Begriff „Politur“ geht zurück auf die Zeit vor 1900, als die Spitzenbleistifte einen Schellacküberzug mit Schwermetall-Farben erhielten und von Hand poliert wurden.↩
- Getestet mit dem STAEDTLER Mars plastic und dem Pilot Foam Eraser.↩
- Quelle: „100 Years of NORIS“, in: STAEDTLER International, 2001.↩
- Genaugenommen wurden das Kronenkäppchen und der weiße Ring bereits im August 1938 eingeführt. Für drei Jahre gab es den hellroten Noris 1102 und orangefarbenen Noris 1103 mit zwei blauen Stempelflächen, zwei blauen Kantenstreifen, blauem Kronenkäppchen und weißem Ring.↩
- Wann die Codierung umgestellt wurde, konnte ich noch nicht herausfinden.↩
Wunderschön! …und das Orange passt auch sehr schön zum Schwarz.
Ich freue mich den ersten schwarz gestreiften Noris zu sehen.
Das freut mich zu hören! Es ist wirklich ein sehr schöner Bleistift, und ebenso wie beim späteren 1100 mit gelber Grundpolitur gefällt mir der im Vergleich zur heutigen Ausführung warme Ton.
Vielleicht sollte man noch dazusagen, was „Noris“ bedeutet: es ist ein alter allegorischer, pseudo-lateinischer Name für die Stadt Nürnberg.
Danke für dieses Detail!
Als in Mittelfranken Lebender hat mich die Herkunft des Namens über die Info von Andreas hinaus interessiert. Da es nette Details gibt, gebe ich meine Erkenntnisse mal weiter: Die besagte Allegorie ist ein barockes Büchlein mit dem kurzen&bündigen Namen: „Die Nymphe Noris in zwei Tagzeiten vorgestellt, darbey mancherley schöne Gedichte und wahrhafte Geschichte nebenst unterschiedlich lustigen Rätseln, Sinn- und Reimenbildern auch artigen Gebänden mitangebracht durch Mitgenossen oder Pegnitzschäfer.“ ;-)
Da alte Bäume hier glaube ich auch mal ein Thema waren, erwähne ich das Folgende noch:
Der Verfasser (natürlich kein „Pegnitzschäfer“) stammt aus dem Umkreis des „Pegnesischen Blumenordens“, was natürlich auch kein geistlicher Orden, sondern eine noch existierende Literaturgesellschaft ist. Sie tagt(e) im „Irrhain“, ein in der Nähe des Flughafens gelegener Park, der schönen alten Baumbestand hat (leider z.T. marode, deswegen aus Sicherheitsgründen seit einigen Jahren das tagt(e), soweit ich weiß). http://commons.wikimedia.org/wiki/File:N%C3%BCrnberger_Irrhain_08.JPG
Danke für diese wirklich sehr netten Details! – Den Irrhain würde ich zu gern mal besuchen.
Good design is timeless and these Noris pencils are a good testament to that. Even thou the pattern dates from the early twentieth century, it still looks contemporary and stylish today. Swapping the orange for yellow might have helped to achieve this, since it is a color more readily accepted in many cultures.
Is there any kind of pencil museum in Deutschland?
The Noris is something special – its design has achieved iconic status! Regarding the acceptance of colours in different cultures: I have been told that yellow/black is considered cheap in some Asian countries while red/black has a much better connotation; therefore the STAEDTLER tradition is more successful in these countries than the Noris.
The only museum which can be considered a pencil museum I know of is the one at Faber-Castell in Stein (I haven’t visited it yet, though).