Mit einer in meinen Augen geschmackvollen Postkarte bewarb das Versandhaus M. Liebermann in Berlin die Schwan-Stifte im Allgemeinen und den Bleistift „Aldebaran“ im Besonderen und bot gleichzeitig die Möglichkeit der komfortablen Bestellung.
Die Vorderseite der wohl gut 100 Jahre alte Karte zeigt den 30 Meter großen „Aldebaran“-Bleistift, der 1906 den Stand der Schwan-Bleistift-Fabrik auf der Bayerischen Landesgewerbeausstellung in Nürnberg zierte (siehe auch hier und da).
Oben rechts gibt es eine kleine Besonderheit, und zwar ein Y mit Trema: Das diakritische Zeichen ¨ gemahnt an die Aussprache des Y als „ij“. – Mit der goldenen Medaille wurde das Unternehmen als einziges seiner Branche auf der ersten Landessaustellung im Jahr 1882 ausgezeichnet.
Der Text auf der Rückseite ist in einem mir unbekannten Jugendstil-Font gehalten, neben dem „Postkarte“ in gebrochener Schrift fast wie ein Fremdkörper wirkt. – Das „gefl.“ steht natürlich für das veraltete amtssprachliche „geflissentlich“ und meint „freundlich“.
Für mich ein sehr schönes Stück Bleistiftgeschichte!
Woah! Was für eine liebevolle Analyse!
… aber ich dachte, „gefl.“ steht für „gefälligst“ und mahnt auf subtile Art zur Eile…
Es gäbe jedoch noch viel mehr zu beschreiben, z. B. die Techniken für Druck und Prägung (ich kann beide mangels Kenntnissen nicht identifizieren) und die verwendete Schriftart (dto.); auch das ₰ wäre noch eine Betrachtung wert. – „Gefälligst“ hatte wohl damals auch schon einen wenig freundlichen Klang und daher keinen Platz in solchen Schriftstücken.
₰ habe ich schon lange nicht mehr gesehen (wie auch z.B. das Kürzel für Pfund). Schade.
Vielleicht wird für den Eurocent ja noch ein schönes Zeichen erfunden.
₰ und ℔ sind schon vor langer Zeit verschwunden, leben aber zum Glück im Unicode-Standard weiter (U+20B0 und U+2114, auch wenn letzteres in Schreibschrift natürlich viel schöner aussieht). – Ob es jemals ein Zeichen für den Euro-Cent geben wird, wage ich zu bezweifeln …
Sooo lange nun auch nicht.
Ich wurde in den 80ern noch zum Metzger geschickt, mit einem Einkaufszettel auf dem Dinge wie „1/2 ℔ gem. Hackfleisch“ standen.
Wobei mir die „handschriftliche“ Variante des Zeichens weit besser gefällt, als die hier zu sehende.
Ich vermute mal: vorn Lithographie, hinten Buchdruck und dann eine Reliefprägung.
Grandwizard M. Knopf: Die 80er Jahre sind lange her ;-) Aber Spaß beiseite: Es kommt natürlich auf den Maßstab an, und auch ich kenne das Zeichen noch aus meinen jungen Jahren. – Ja, die handschriftliche Variante gefällt auch mir besser.
Drainspotter: Danke für dieses Details!