Die Plakate der aktuellen Werbekampagne des Verlags Bastei-Lübbe zeigen einen Bleistift und einen Radierer – Grund für mich, genauer hinzuschauen, auch wenn ich mich nicht zur Zielgruppe zähle.
Sieht das Gezeigte zunächst aus wie die Arbeit an einem Manuskript, so spricht die Makellosigkeit eine andere Sprache. Der offenbar mit dem Messer gespitzte Bleistift1 trägt kaum Gebrauchsspuren und der Radierer gar keine; zudem scheinen beide zu schweben. Beim Text, wohl aus dem beworbenen Roman „Der stille Sammler“, fallen gleich mehrere Dinge auf: Er wirkt auf den ersten Blick wie handgeschrieben, ist es aber nicht, was man an der fehlenden Varianz der Buchstaben erkennen kann. Korrekturen und andere Merkmale eines Entwurfs fehlen; seltsam auch der Umstand, dass die Schrift nicht nach Bleistift, sondern eher nach Faserschreiber aussieht (immerhin hat man ihr ein paar Unregelmäßigkeiten gegeben und diese im Gegensatz zu denen auf dem Bleistift etwas gestreut, aber sie passen nicht so recht zu der Struktur des mit dem Hintergrund identischen Beschreibmaterials). Das inzwischen abgenutzte „Route 66“-Emblem verkommt hier – ebenso wie Bleistift und Radierer – zur Staffage.
Für mich ist diese Werbung gedankenlos zusammengestoppelt und ohne Authentizität – genau so, wie ein Roman eigentlich nicht sein sollte.
- Einige Varianten des Plakats zeigen ihn mit werkseitiger Spitze.↩
das mit dem „das ist keine hand-, sondern eine computer-schrift“ hab ich auch gleich gedacht. sie hätten sich ja wenigstens die mühe machen können, einen mehr bleistiftartigen font zu suchen …
Die hätten auch einfach jemanden mit der Hand schreiben lassen können.
Schade. Da ging so manches in die Hose.
Was soll/will mir das Plakat/der Poster sagen?
Was soll mir die Headline (dass es ein Zitat aus einem Roman ist, wissen nur jene, die den Roman gelesen haben – eine Quellenangabe wäre nett gewesen)sagen?
Wenn’s ein Plakat ist, dann ist es eine vergebene Chance zu zeigen, wie schön ein Bleistiftstrich auf charaktervollem Papier ausschauen kann – in der notwenigen Vergrößerung am Plakat könnt‘ ich mich nicht dran satt sehen.
Dass dann auch noch Schreibwerkzeug und Radierer so lieblos drauf montiert wurden, ist eh nur noch stimmig.
Schade ums Geld. Sehr schade.
Zusatzfrage: Gibt es eine Anzeigen/Plakatserie?
Autsch: Bei meiner Konzentration auf Stift und Schrift habe ich versäumt zu sagen, dass Foto nicht das ganze Plakat zeigt (wenn auch den größten Teil); links – noch erkennbar am Schatten – ist das beworbene Buch. Ich habe den Beitrag korrigiert und werde versuchen, ein Foto des kompletten Plakats nachzureichen.
Die Aussage des Plakats ist natürlich die, dass man das Buch kaufen soll, aber warum, kann ich dem Gezeigten nicht entnehmen. Das Plakat gibt es in mindestens zwei Größen; das kleinere (mit dem werkseitig gespitzten Stift) habe ich auf dem Leipziger Hauptbahnhof in einem dieser beleuchteten Kästen gesehen, in denen sich die Plakate abwechseln. – Ja, ein vergrößerter Bleistiftstrich, vielleicht noch ergänzt durch Radierkrümel, Spitzerspäne und ein zerknülltes Blatt Papier, hätte ich sehr attraktiv gefunden, nicht zuletzt deshalb, weil es eine wohltuende Alternative zur immer gleichen Sterilität gewesen wäre.
Pfffft – wo Ihr wieder alle hinkuckt. Und was Ihr da alles seht!
Ich hingegen kann bei dieser Klaue nicht mal den Namen des Protagonisten oder der … der … was soll das heißen?!? … ähm, ja: Erkennen. Kann ich nicht.
Aber dass dieser Text auf keinen Fall mit dem abgebildeten mikrometerscharf gespitzten Bleistift, sondern wohl mit irgendeinem Filzer … also, auch noch mit einem irgendwie Filzer-Imitationsfont … geschrieben ist, springt einem sofort ins Auge.
Das ist an Zusammenhanglosigkeit schwer zu überbieten. Huuuaaaah!
Na ja, wenn mir ein Bleistift – noch dazu ein so großer – unterkommt, schaue ich eben ganz genau hin :-)
Der Protganonist heißt wohl Gerald Peasil und wird gleich zu Beginn genannt. – Ja, die Strichstärken der Schrift und die der Skizze oben rechts passen nicht zu der feinen Spitze des Bleistifts, doch entweder ist das den Machern nicht aufgefallen oder es hat sie nicht gestört (was mich beides überraschen würde).
Als Grafik Designer versuche ich bei solchen Aufgabenstellungen meine Kunden immer davon zu überzeugen, dass man so etwas mit der Hand schreiben muss und keinen fertigen Font verwenden sollte. Also schreibe ich, scanne das ganze ein und wenn gewollt, kann ich das in Illustrator vektorisieren und habe dann ein skalierbares Objekt ohne Pixel.
Der ansonsten untadelige Schriftmeister Lucas de Groot hat mit seinem Font »Lucas Hand & Feet« hier leider unschöne Vorarbeit geleistet. Auch die Type »Texas Hero«, die Mitte der Neunziger – leider gratis – erschien, wird immer noch gerne für derartige Zwecke verwendet.
Natürlich hätten sie das Poster auch in Comic Sans setzen können …
Das ist die sinnvollste Variante und bei gekonnter Umsetzung auch sicher die attraktivste. – Ich hoffe, die meisten Kunden lassen sich davon überzeugen!
Ja, die digitalen Handschriften sind für viele verlockend, wirken aber auf mich weder wie das eine (Handschrift) noch das andere (eine gut gesetzte Schrift). – Gab es nicht mal einen Font mit eingebauter Streuung, vielleicht als Multiple Master? Ich habe so etwas in Erinnerung (Beowulf?).
Comic Sans wäre natürlich der Knüller gewesen. Apropos: Kürzlich hatte ich ein Taschenbuch des Hanser-Verlags in der Hand, und in diesem waren die Kapitelüberschriften in Comic Sans gesetzt (nein, ich hatte nicht den Eindruck, als wäre das ein ironisch gemeintes Stilmittel gewesen).