Manche Dinge lassen mir keine Ruhe, so auch die Frage nach der Herkunft der auf topografischen Karten – und nur dort – verwendeten Schrift „Römisch Linkskursiv“1.
Die dieser Schrift eigene Ästhetik hat es mir angetan2. Schon einmal habe ich etwas über sie geschrieben; in der Zwischenzeit hatte ich das Glück, mehr zu erfahren.
Die linksgeneigten Buchstaben stammen nicht immer aus typografischen Satzschriften, sondern wurden besonders bei alten Karten nur für diese graviert, gezeichnet oder geschrieben. Die typografische Erstellung der Kartenbeschriftung wurde erst mit dem Fotosatz rentabel möglich; dass es die „Römisch Linkskursiv“ bereits zu Zeiten des Bleisatzes gab, darf bezweifelt werden. – Den Prototypen eines Fotosatzapparates entwickelte Ing. Hugo Heine in den 1950er Jahren beim Braunschweiger Westermann-Verlag. Dieser Prototyp wurde später von der H. Berthold AG zur Diatyp weiterentwickelt und 1958 auf der DRUPA vorgestellt. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist ein Kommentar von Stephen Coles bei Typophile, in dem er Erik Spiekermann zitiert:
These used to be the fonts cartographers used. Left-leaning italic for rivers, etc. They used to be engraved, thus the look. Berthold used to credit them with the administration responsible for the standard, i.e. Bayerisches Landesvermessungsamt (Bavarian Office for Land Registry or something — the state cartography office). They’re really cool and i’ve been meaning to use them for years. I set maps with that stuff on a Diatype, back in the 60s (i know, i know…)
Offenbar gab es nicht nur eine linkskursive Kartenschrift, sondern verschiedene, je nach Bundesland und zuständigem Amt. Wer diese nie frei erhältlichen Schriften gestaltet hat, ist nicht überliefert (Linotype nennt daher lediglich „German Cartographic Design“). In die digitale Zeit geschafft haben es nur zwei Schriften mit generischem Namen, nämlich „Römisch“ und „Kursivschrift“; von beiden gibt es auch einen linksgeneigten Schnitt.
Wer sich einige Originale anschauen möchte, wird im Musterblatt für die Topografische Karte 1:25000 fündig. Dieses zeigt auf Seite 58 alle Varianten der linkskursiven Schrift und macht Angaben zu ihrer Verwendung.
Spannend wäre ein Besuch der Bibliothek des Georg-Eckert-Instituts in Braunschweig, wo unzählige alte Karten einsehbar sind. – Vielen Dank an Indra Kupferschmid, Florian Hardwig und Jürgen Siebert für die interessanten und hilfreichen Details!
Nachtrag vom 21.9.12: Weiter geht’s unter „Römisch Linkskursiv (3)“.
- Ich weiß nicht mehr, woher ich diesen Namen habe. Auch wenn jetzt ein anderer vielleicht besser passen würde, so behalte ich ihn wegen der Konsistenz bei.↩
- Nicht nur die Ästhetik dieser Schrift, sondern auch die der topografischen Karten allgemein finde ich sehr reizvoll. Schade, dass deren Gestaltung nach und nach geändert wird und unzählige schöne Details der Vereinfachung zum Opfen fallen.↩
da ist sie wieder <3
((übrigens: vor zwei tagen habe ich im landkartenhaus (buchhandlung angermann, http://www.landkartenhaus.de/) die auch alte/historische karten haben, und habe eine urkainische karte von 92, die gegend um tschernobyl ist mit dabei, ausgegraben.
da gibt es keine linkskursiven. ob es eine deutsche besonderheit ist?
vielleicht auch einen besuch wert wenn du mal in wiesbaden bist ;) ))
Aber klar! So schnell lässt die mich nicht los :-) Und wenn ich irgendwann noch mehr herausfinde, kommt Teil 3.
Danke für den Hinweis auf das Landkartenhaus! Da muss ich unbedingt mal hin. – Kennst Du das Landkarten-Geschäft in Frankfurt im Parkhaus Hauptwache, direkt neben Zweitauseneins?
Soweit ich weiß, war die linkskursive Schrift eine deutsche Besonderheit, doch Belege dafür habe ich nicht.
ja klar kenn ich das :)
bei der gelegenheit schau doch auch mal in den laden neben merlins-spiele am dernschen gelände ;)
Das überrascht mich nicht ;-) – Was gibt es denn in diesem Laden?
Hier ein kleiner Anschmecker auf den nächsten Beitrag zu diesem Thema:
Danke an Herbert R. für diese Scans!
Die Ausschnitte stammen aus der Musterblättern für topographische Arbeiten des Königlich Preußischen Generalstabs, deren 11. Auflage 1904 erschien. In der ersten Ausgabe von 1818 (Nachdruck 1989) sind die linkskursiven Schriften noch nicht enthalten.
he, sehr schön!
Ja, allerdings, doch leider gestaltet sich die Suche nach dem Original oder zumindest einem höher aufgelösten Scan als ziemlich knifflig :-\
was genau suchst du?
schick mir mal ne email
Ich suche die genannten Musterblätter für topographische Arbeiten des Königlich Preußischen Generalstabs in der 11. Auflage, erschienen in Berlin 1904, im Original oder als hoch aufgelöste Scans. – Ich melde mich!