Mai 2012
Römisch Linkskursiv (2)
Manche Dinge lassen mir keine Ruhe, so auch die Frage nach der Herkunft der auf topografischen Karten – und nur dort – verwendeten Schrift „Römisch Linkskursiv“1.
Die dieser Schrift eigene Ästhetik hat es mir angetan2. Schon einmal habe ich etwas über sie geschrieben; in der Zwischenzeit hatte ich das Glück, mehr zu erfahren.
Die linksgeneigten Buchstaben stammen nicht immer aus typografischen Satzschriften, sondern wurden besonders bei alten Karten nur für diese graviert, gezeichnet oder geschrieben. Die typografische Erstellung der Kartenbeschriftung wurde erst mit dem Fotosatz rentabel möglich; dass es die „Römisch Linkskursiv“ bereits zu Zeiten des Bleisatzes gab, darf bezweifelt werden. – Den Prototypen eines Fotosatzapparates entwickelte Ing. Hugo Heine in den 1950er Jahren beim Braunschweiger Westermann-Verlag. Dieser Prototyp wurde später von der H. Berthold AG zur Diatyp weiterentwickelt und 1958 auf der DRUPA vorgestellt. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist ein Kommentar von Stephen Coles bei Typophile, in dem er Erik Spiekermann zitiert:
These used to be the fonts cartographers used. Left-leaning italic for rivers, etc. They used to be engraved, thus the look. Berthold used to credit them with the administration responsible for the standard, i.e. Bayerisches Landesvermessungsamt (Bavarian Office for Land Registry or something — the state cartography office). They’re really cool and i’ve been meaning to use them for years. I set maps with that stuff on a Diatype, back in the 60s (i know, i know…)
Offenbar gab es nicht nur eine linkskursive Kartenschrift, sondern verschiedene, je nach Bundesland und zuständigem Amt. Wer diese nie frei erhältlichen Schriften gestaltet hat, ist nicht überliefert (Linotype nennt daher lediglich „German Cartographic Design“). In die digitale Zeit geschafft haben es nur zwei Schriften mit generischem Namen, nämlich „Römisch“ und „Kursivschrift“; von beiden gibt es auch einen linksgeneigten Schnitt.
Wer sich einige Originale anschauen möchte, wird im Musterblatt für die Topografische Karte 1:25000 fündig. Dieses zeigt auf Seite 58 alle Varianten der linkskursiven Schrift und macht Angaben zu ihrer Verwendung.
Spannend wäre ein Besuch der Bibliothek des Georg-Eckert-Instituts in Braunschweig, wo unzählige alte Karten einsehbar sind. – Vielen Dank an Indra Kupferschmid, Florian Hardwig und Jürgen Siebert für die interessanten und hilfreichen Details!
Nachtrag vom 21.9.12: Weiter geht’s unter „Römisch Linkskursiv (3)“.
- Ich weiß nicht mehr, woher ich diesen Namen habe. Auch wenn jetzt ein anderer vielleicht besser passen würde, so behalte ich ihn wegen der Konsistenz bei.↩
- Nicht nur die Ästhetik dieser Schrift, sondern auch die der topografischen Karten allgemein finde ich sehr reizvoll. Schade, dass deren Gestaltung nach und nach geändert wird und unzählige schöne Details der Vereinfachung zum Opfen fallen.↩
Thoreaus Bleistifte
Henry David Thoreaus Bedeutung für den amerikanischen Bleistift ist groß1, und so hat der Diogenes-Verlag zum 150. Todestag des Schriftstellers am 6. Mai 2012 sechs Bleistifte in einer Metallbox herausgebracht. Das Set2 ist jedoch mit rund 10 Euro recht teuer, so dass ich mich mit dem Kauf erst einmal zurückhalte. – Danke an Kai für den Hinweis!
Nachtrag vom 17.5.12: Eine Besprechung des Sets gibt es hier.
- Für einen schnellen Einstieg siehe „Thoreau’s Pencils“ von John H. Lienhard.↩
- Auf der Diogenes-Website konnte ich die Bleistifte kurioserweise nicht finden.↩
Pocket Pencil
Bereits zehn Jahre alt ist der „Pocket Pencil“ des Designers Alexander Hulme.
Das Besondere an diesem Bleistift ist sein Clip, den man durch Herausschneiden eines Teils des Schafts geformt hat.
Der sechsflächige „Pocket Pencil“ hat die üblichen Maße, mit weiß glänzendem Lack und mattschwarzer Tauchkappe aber eine ungewohnte und in meinen Augen geschmackvolle Farbgebung.
Der zunächst gute Eindruck wird durch die Verarbeitungsqualität getrübt. Der weiße Lack ist recht dünn, nicht ganz gleichmäßig und zeigt auf meinem Exemplar Krakelüren. Zudem ist die Aussparung sehr rauh und innen nur unvollständig lackiert. – Der 43 mm lange Clip mit 2 mm breiter Öffnung ist stabiler, als ich dachte; ich gehe davon aus, dass er im normalen Gebrauch hält.
Deutlich besser sind Holz und Mine. Das Spitzen fällt leicht und legt ein rötliches, fein gemasertes Holz und eine 2,5 mm starke Mine frei. Diese ist weich (ähnlich 2B), schreibt sauber, schwärzt ordentlich und lässt sich gut radieren. Bei einer Stiftlänge von 55 mm ist jedoch Schluss – während andere Bleistifte in den Verlängerer wandern, bleibt hier der Clip und damit ein unbenutzbarer Rest übrig.
Der „Pocket Pencil“ kommt auf einem Karton in transparenter Verpackung in den Handel; ich habe meinen von Present & Correct, wo er für £ 4.75 (gut 5,90 Euro) pro Stück angeboten wird. Fazit: Die Idee ist gut, aber die Verarbeitung unterdurchschnittlich und der Preis zu hoch.
Mensch oder Maschine
Lesenswert: „Der Wert der Handschrift im Computerzeitalter“. – Danke an den zonebattler für den Hinweis!
Contrapuntalism
Eine interessante Kombination aus Musik, Musiktheorie, Sprachwissenschaft, holzgefassten Bleistiften und verwandten Themen sowie großartigen Fotos präsentiert das neue Weblog Contrapuntalism. Es stammt vom Schöpfer der Blackwing Pages und ist ebenso wie diese geschmackvoll und lesenswert. Hingehen und staunen!