April 2012
Spitzer spitzen (6)
Ein großer Nachteil der mir bekannten Hand-Langkonus-Spitzer ist ihr dicker Span – 0,39 bis 0,48 mm sind etwa das Doppelte dessen, was sparsame Spitzer abtragen. Das ist zu viel.
Ich hatte die Idee, das Messer des KUM Long Point 400-5L mit haushaltsüblicher Aluminiumfolie zu unterlegen und so den Abstand zwischen Messer und Bleistift zu vergrößern. Nach einigen Versuchen bin ich zunächst bei acht Lagen und damit bei 0,12 mm geblieben. (NB: Meine Messwerte sind mit Vorsicht zu genießen, da mir kein professionelles Equipment zur Verfügung steht.)
Mit 20 Spitzvorgängen an einem STAEDTLER Mars Lumograph 100 (Zeder) kam ich auf eine durchschnittliche Spandicke von 0,17 mm – eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Wert des Spitzers von 0,39 mm. Allerdings ist ein solch dünner Span bei einem sehr stumpfen Bleistift ungünstig, denn dann gestaltet sich das Spitzen mühsam. Bei einer zweiten Testreihe mit vier Lagen Aluminiumfolie (zusammen 0,06 mm) betrug die Spandicke im Mittel 0,21 mm; immer noch ein sehr guter und eher alltagstauglicher Wert.
Ein solcher Eingriff ändert natürlich die Geometrie des Spitzers, und so schneidet das Messer nun nicht mehr bis zur Minenachse. Das obige Bild zeigt die Folgen bei 0,12 mm Aluminiumfolie, die jedoch ein Anschlag (Spitz-Stopp) vermeiden könnte.
Neben dem erheblich dünneren Span hat der so modifizierte Spitzer den Vorteil, dass er jetzt auch besser zum Glätten der Schnittfläche und zum vorsichtigen Nachspitzen genutzt werden kann (was übrigens etwas leichter fällt, wenn das Messer nicht mehr ganz neu ist). – Ich hatte zudem den Eindruck, als breche der Bleistift beim Spitzen weniger leicht ab, doch das bedarf weiterer Tests.
Eine fachkundige Änderung der Spitzer-Konstruktion sieht selbstverständlich anders aus, und so würde ich mich freuen, wenn KUM dem Long Point 400-5L eine Überarbeitung angedeihen ließe, die ihn sparsamer macht.
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Sonderdruck
Wenn Leipzig, dann auch Museum für Druckkunst – und diesmal gab es sogar Futter für meine Manikel-Manie.
Büro-Bleistift
So, einen noch, und dann geht’s in die Osterpause. Der Mitsubishi 9850 ist ein feiner Bleistift, der mir wegen seiner Gestaltung im Allgemeinen und seines Schriftzugs „Office Use“ im Besonderen gefällt. – Heute mal ganz kurz: Sein Lack könnte etwas besser sein (und auch auf den hier nicht gezeigten Strichcode auf der dritten bedruckten Seite könnte ich verzichten), doch ansonsten ist er sehr gut und empfehlenswert.
Schwarz und Rot
Einer der für mich schönsten holzgefassten Stifte ist der Tombow LV-KEV aus Japan.
Das Besondere an diesem Stift ist, dass 70% eine Graphit- und 30% eine rote Farbmine enthalten; beide sind 3 mm dick.
Der sechsflächige, 175 mm lange, 8 mm dicke und aus Abfallholz gefertigte LV-KEV ist geschmackvoll gestaltet. Fünf Flächen sind in den Minenfarben lackiert, wobei nur der rote Teil bedruckt ist. Die sechste Fläche ist naturbelassen und enthält die üblichen Angaben. Als Härtegrad ist HB genannt, was etwa B bei deutschen Bleistiften entspricht.
Wie von Tombow nicht anders zu erwarten ist die Qualität von Material und Verarbeitung ausgezeichnet. Die Minen gleiten leicht über das Papier und haben einen sauberen Abstrich; Holz und Minen lassen sich sehr gut spitzen.
Schwärzung, Farbsättigung und Radierbarkeit sind hervorragend (auch die Farbmine kann man mit einem guten Radierer weitgehend entfernen, wenn man beim Schreiben nicht allzu fest aufdrückt).
Der Schwarz-Rot-Bleistift (黒赤鉛筆, kuroaka enpitsu) wird nur für den japanischen Markt hergestellt und kostet im Dutzend umgerechnet knapp 9 Euro.
Ein großartiger Stift!
Nachtrag vom 20.1.15: Den ersten Graphit-Rot-Stift Japans gab es 1975 (von welchem Hersteller, weiß ich leider nicht). Tombow hat damals erwogen, ebenfalls einen solchen Stift zu fertigen, diesen Gedanken dann aber verworfen. Fast dreißig Jahre später kam man darauf zurück und brachte im Februar 2004 den LV-KEV auf den Markt; 2013 wurde die Produktion gestoppt. Die größte Herausforderung bei diesem Bleistift bestand in der Fertigung der HB-Mine, bei der die Gefahr der Rissbildung aufgrund der Dicke und dem hohen Tonanteil größer war als bei Standard-Graphitminen. – Danke an Sola für diese Details!
Der EPCON-Bleistift
Der STAEDTLER WOPEX ist sicher der bisher beste, aber nicht der erste durch Coextrusion gefertigte Bleistift. Bereits 1969 beauftragte der Spielzeughersteller Hasbro, damals Eigentümer der Empire Pencil Company1, die Unternehmensberatung Arthur D. Little mit der Entwicklung eines Kunststoff-Bleistifts; 1975 folgten das Patent und die Markteinführung des „EPCON“ genannten Schreibgeräts.
Irv Arons, ehemaliger Mitarbeiter von Arthur D. Little und Entwickler des Schaftmaterials für den EPCON, war so freundlich, mir einige Exemplare zu überlassen, so dass ich diesen historischen Stift unter die Lupe nehmen und zeigen kann. – Der grüne Stift stammt aus der Frühzeit des EPCON und der leuchtend blaue aus dem Jahr 1986; das Alter des graublauen kenne ich nicht. Alle haben eine polymergebundene Mine2 von Empire. (Soweit ich weiß, war der EPCON-Bleistift in Deutschland nicht erhältlich3, dafür aber Thema des Artikels „Satter Strich“ im Spiegel vom 1. Juni 1981.)
Der EPCON hat Standardmaße, ist aber mit knapp 8 g deutlich schwerer als ein mit Zwinge und Radierer4 ausgestatteter Holzbleistift. Neben den für mich rätselhaften Spuren an drei der ungespitzten Enden fällt auf, dass der EPCON lackiert ist, die äußere Schicht also nicht wie beim WOPEX im Coextrusionsprozess aufgebracht wurde. Der Lack ist glatt und fühlt sich an wie der eines holzgefassten Stifts. Die Angabe des Härtegrads fehlt, doch die Mine dürfte HB sein; der Text auf den Stiften kennzeichnet sie als Sonderauflagen.
Beim (übrigens sehr leichten) Spitzen zeigen sich die typischen Merkmale des extrudierten Bleistifts, denn im folienähnlichen Span hängen die Materialien von Mine und Schaft zusammen. Bei meinen Tests war der Span zudem elektrostatisch geladen und zog die Minenkrümel an.
Das Material ist rötlich und porös, und so ist der EPCON auch nicht ganz so dicht wie der WOPEX und lässt sich im Gegensatz zu diesem im Kurbelspitzer spitzen. – Über die Komponenten des Schafts informieren die Patentdokumente5: 50–75% eines Thermoplasts6, 20–40% faseriger Füllstoff (Holzmehl) und etwa 0,5–10% Metallseife (Aluminiumstearat). Letztere ermöglicht eine niedrigere Prozesstemperatur und erleichtert das Spitzen des Bleistifts. – Zum Vergleich: Der WOPEX enthält 70% Holz7 im Schaft sowie 4–12% Wachs und (als drucksenkende Extrusionshilfe) 0,5–2% Palmöl in der Mine8.
Die feine, frische Spitze des EPCON bricht beim ersten Kontakt mit dem Papier ab, doch dann schreibt der Stift gut. Ein Haften der Mine auf dem Papier, wie man es von anderen extrudierten Bleistiften kennt, ist nicht zu bemerken; er gleitet recht leicht (wenn auch nicht so leicht wie der WOPEX) und hat einen sauberen Abstrich. Schwärzung und Wischfestigkeit sind gut, kommen aber nicht an die des WOPEX heran. Der EPCON ist nur eingeschränkt radierbar; hier und bei der Bruchfestigkeit ist der WOPEX ebenfalls überlegen.
Mir gefällt die Färbung des Schaftmaterials9, erinnert diese doch an die des Holzbleistifts. Die Poren allerdings machen sich in meinen Augen nicht gut; das Geschlossene des WOPEX sieht besser aus. – Charakteristisch für extrudierte Bleistifte ist dieser Bruch, der Nutzer holzgefasster Bleistifte vermutlich überrascht.
Die Empire Pencil Corporation hat es nicht beim extrudierten Bleistift belassen, sondern ihr Sortiment später um ebensolche Farbstifte erweitert. Wann das war, konnte ich nicht herausfinden; die gezeigten Exemplare wurden Ende der 1990er Jahre in Portugal gekauft.
Die runden Farbstifte sind gut 7 mm dick und haben einen 3 mm dicken Kern sowie ein offenes Ende; die ursprüngliche Länge der benutzten Stifte kenne ich nicht. Ihr Schaft wirkt an manchen Stellen etwas feinporiger als der des EPCON, doch das könnte an der Serienstreuung liegen.
Zusätzlich zur weißen Kennzeichnung mit Produktbezeichnung, Logo und Hersteller gibt es die Blindprägung „® EPCON USA“, aber keine Chargenbezeichnung. – „Pedigree“ bezeichnete offenbar eine ganze Reihe, denn es gab auch Bleistifte dieses Namens.
Der Pedigree ist bruchstabil und wischfest, aber kaum radier- und nicht wasservermalbar; er krümelt fast nicht und haftet beim Schreiben nur wenig am Papier.
Diese Farbstifte sind sehr interessant und kämen sicher heute noch gut an.
Passend zum Thema bot sich eine kleine Exkursion durch Patentunterlagen an, aus denen einige Abbildungen gezeigt seien.
Der extrudierte Bleistift ist eine bemerkenswerte Erfindung, die mit dem EPCON begonnen und mit dem WOPEX ihren derzeitigen Höhepunkt, aber bestimmt noch nicht das Ende ihrer Entwicklung erreicht hat. Ich bin gespannt auf das, was die Zukunft bringt!
Vielen Dank an Irv Arons für die EPCON-Bleistifte und Melanie für die Leihgabe der Pedigree-Farbstifte!
- Empire, gegründet 1900, kaufte 1986 das Unternehmen Berol; 1995 ging Empire-Berol in Sanford auf (Quelle: The Pencil Pages).↩
- „Polymergebunden” heißt nur, dass die Mine keinen Ton enthält, und sagt nichts über das Vorhandensein z. B. von PVC aus; weitere Details zu dieser Mine konnte ich nicht herausfinden.↩
- Wenn ich richtig informiert bin, wurde die Produktion des EPCON in den frühen 90er Jahren eingestellt. – Ein paar Fotos aus der Fertigung dieses Bleistifts zeigt Doug Martin im Teil 5 seiner Sanford Pencil Factory Tour.↩
- Der Radierer des EPCON ist inzwischen hart und unbenutzbar.↩
- Pencil sheath compositions (3875088, 1975), Pencil sheath compositions, method for making pencils (3983195, 1976) und Pencil comprising a marking core and a porous resin sheath (3993408, 1976).↩
- Am Rande: Sowohl das EPCON- als auch das WOPEX-Patent führen Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) auf. Dieser vielfältig einsetzbare Thermoplast wird u. a. für die LEGO-Steine verwendet. – Anzumerken ist, dass das EPCON-Patent den Schaft und das WOPEX-Patent die Mine beschreibt.↩
- Bei der Markteinführung sprach man von einheimischer Fichte.↩
- Quelle: Patentschrift DE1020080340146 (2008). – Ich bin kein Chemiker, kann mir aber vorstellen, dass das die Schwärzung und die Gleitfähigkeit verbessernde Wachs und das Palmöl für die im Vergleich zur keramikgebundenen Mine etwas schlechtere Radierbarkeit verantwortlich sind.↩
- Wäre das nicht auch etwas für den WOPEX?↩
W.Z. № 507558
Noch einmal die „Granate“, diesmal in einer alten, großen Ausführung für dickere Stifte und aus Magnesium.
Dieses Modell ist 27 mm lang und 18 mm dick; es nimmt Stifte mit einem Durchmesser von bis zu 11 mm auf.
Zur Kennzeichnung „W.Z. № 507558“ konnte ich nur wenig herausfinden. „W.Z.“ steht für „Warenzeichen“ und geht zurück auf das 1936 eingeführte Warenzeichengesetz. Letzteres wurde 1995 durch das Markengesetz und damit der Begriff des Warenzeichens durch den der Marke abgelöst; dabei ist auch die Nr. 507558 erloschen.
Diese WZ-Nummer findet sich jedoch auch in der „Kleinen Anspitzer-Fibel“ von Leonhardt Dingwerth und dort in einer Anzeige aus dem Jahr 1940, mit der Möller & Breitscheid in Köln für den „Präzisions-Bleistiftspitzer Granate“ warben. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass der hier gezeigte Spitzer von diesem Anbieter stammt.
Im Gegensatz zur heute üblichen Befestigung mit einer Kreuzschlitzschraube sitzt hier das Messer auf zwei Stiften und wird von einer Rändelschraube gehalten. – Bei genauem Hinschauen fällt übrigens auf, dass das Messer einen ganz leichten Hohlschliff hat (in den Fotos ist das leider nicht zu erkennen).
Ein kurzer Test an einem LYRA Super FERBY DUO zeigt, dass das Messer zwar recht stumpf ist, aber immer noch einigermaßen gut schneidet.
Ein interessanter Spitzer, zu dem es sicher noch mehr herauszufinden gibt!
Zur „Granate“ siehe auch:
Nachtrag vom 5.4.12: Wie ich vom DPMA erfahren konnte, wurde das Warenzeichen „Granate“ im Jahr 1939 beim Reichspatentamt für Möller und Breitscheid in Köln registriert.
(In dieser Zeit einen solchen Namen eintragen zu lassen, ist natürlich – wie es einer meiner Leser ausgedrückt hat – pikant.) Da die Form dieses Spitzers aus dem späten 19. Jahrhundert stammt, war der Schutz vermutlich abgelaufen und konnte nicht erneuert werden; der des Namens jedoch war noch möglich.