Kurz und stumpf – zwei Nachteile des Bleistifts, die so mancher Unternehmer mit Erfindergeist anging. Einer davon war Erwin Kreuzer, der mit seinem „BLIFT“ (BLeistIFT) 1973 den Bleistiftmarkt beleben wollte1. Kreuzer war jedoch nicht nur unter eigenem Namen aktiv, sondern auch als OEM, und so kam es zum „Ultra Pen“2 von Geha3.
Der „Ultra Pen“ wurde ebenso wie der BLIFT im Spritzguß gefertigt und bestand aus fünf Teilen: Gehäuse, Minenführung, Drahtspirale, Mine und Drehknopf.
Dieses Muster-Set zeigt die Varianten des nur mit grünem Schaft erhältlichen Stifts. Neben den Härtegraden B, HB, H und 3H mit 0,5 mm dicker Mine und Metall-Minenführungsröhrchen gab es noch eine einfachere Ausführung in HB mit 0,9-mm-Mine.
Der empfohlene Verkaufspreis des „Ultra Pen“ von 1,– DM lag über dem des BLIFT, der für 60 Pfennige zu haben war.
Die Mine wurde durch Drehen des farblich abgesetzten Knopfes transportiert und war nicht nachfüllbar. Drehte man den Knopf gegen den Uhrzeigersinn, ließ sich die Mine wieder hineindrücken.
Die Zielgruppe des „Ultra Pen“, dessen Prägedruck mich an Normschrift erinnert, waren technisch orientierte Nutzer, was man auch auf dem funktionell gestalteten Etui hervorhob.
Gerne hätte ich noch etwas zu den verwendeten Fonts gesagt, aber leider konnte ich sie nicht identifizieren.
Wie lange es den „Ultra Pen“ gab, weiß ich nicht, doch die Produktion des BLIFT wurde 1978 eingestellt. Als Roteck in Düren 1985 die Firma Kreuzer übernahm, gab es den BLIFT für kurze Zeit erneut, bis Pelikan 1987 Kreuzer kaufte und die Marke 1989 aufgab.
- Ob ihm das tatsächlich gelungen ist, kann ich nicht sagen, doch zumindest mich hat der BLIFT anhaltend belebt.↩
- Warum man sich für „Pen“ und nicht korrekterweise für „Pencil“ entschieden hat, ist mir unklar. – Die Marke „Geha-Ultra Pen“ wurde im September 1973 eingetragen und im Januar 2013 gelöscht.↩
- Geha war zu dieser Zeit noch selbständig in Hannover tätig; seit 1989 gehört das Unternehmen zu Pelikan.↩
Umweltschutz scheint damals noch kein Thema gewesen zu sein. Heute sehe ich zwischen klassischen, durch Gebrauch verschwindenden und dauerhaften, wiederbefüllbaren Druck- oder Drehbleistiften keine Nische (und auch keinen Bedarf) für derlei Einwegdinger!
Aus heutiger Sicht ist ein solcher Stift natürlich ökologisch zumindest fragwürdig. 1973 jedoch waren die Feinminen-Druckbleistifte noch nicht so weit verbreitet und obendrein deutlich teurer, so dass der „Ultra Pen“ schon etwas Besonderes war (Fallminenstifte hatten – und haben – meist 2-mm-Minen).
Vielen Dank für den informativen Beitrag. Ich habe nicht gewusst, dass GEHA noch bei uns war.
Er erinnert mich an den Sparstift Idee. (Du hast einen Beitrag darüber -von April 2010- gebracht). Sonst Geha mit die hier verwendeten Argumente bekannt gewesen wäre, würde man niemals diese Bleistift produziert haben. :-)
BTW. die Verwirren die Worte „Pencil“ und „Pen“ ist heute ziemlich häufig auf Teile des Internet. Aber damals und in einen Werbung? Tsk, tsk!
MvG.
Henrik
Sensationelles Set!
Vollständige Energie- und Ökobilanzen offenbaren häufig ganz andere Ergebnisse, wie man auf den ersten Blick annehmen oder glauben möchte. So ist unter Berücksichtigung von Recyclingquote sowie Recycling- und Biokunststoffe ein Einwegkugelschreiber „ökologischer“ als ein Mehrwegkugelschreiber, der z.B. mit Metallminen aus Messing bestückt wird.
Bei „Geha-Ultra-Pen“ würde ich würde mal auf Impact oder Helvetica Inserat tippen (1965/1966); „Der Super-Bleistift“ erinnert mich an eine Mischung aus Futura und Helvetica, evtl. die Twentieth Century.
Henrik: Ich kenne Geha noch aus meiner Schulzeit und dachte auch, den Namen würde es nicht mehr geben. – Der große Unterschied zum Sparstift bestand wohl darin, dass es für den „Ultra Pen“ keine Ersatzminen gab. – Ich denke, dass man sich vom eingeführten Namen einen guten Start in den Markt erhofft hat.
Frank: Das ist richtig, und ich habe ebenfalls von Fällen gehört, in denen eine vollständige Ökobilanz ein überraschendes Ergebnis geliefert hat; für den nicht nachfüllbaren „Ultra Pen“ düfte es jedoch schlecht aussehen. – Der Einwegkugelschreiber ist ein interessantes Beispiel!
Die Impact ist es leider nicht, denn die hat eine stärkere Modulation, ebenso die Helvetica Inserat, die jedoch schon sehr nah herankommt. – Twentieth Century könnte hinkommen, auch wenn es wohl etliche Varianten gibt, die sich zum Teil deutlich voneinander unterscheiden (MyFonts hat einige).
Lieber Herr Schmidt,
toll, dass Sie noch einen solchen geha-Ultra-Pen – Einführungsset erwischt haben und so die Blift-Story abrunden konnten.
Damals war geha noch selbständig, Kreuzer auch. Für geha war dieses Produkt jedoch nicht so erfolgreich, wie für Kreuzer via Zielgruppe Kinder/Schüler. Bei „Technikern“ konnten sich solche Stifte leider nicht durchsetzen, was auch ein Vertriebswege-Problem war.
Übrigens: vor der Ölkrise sprach man noch nicht so über Ökobilanzen;
eine Berechnung für Einwegstifte wäre schon mal interessant!
Viele Grüße
Rainer Oborski
Lieber Herr Oborski,
danke für Ihren Kommentar, Ihre Informationen, die in diesen Beitrag eingeflossen sind sowie die anderen interessanten Details. – Und: Die Aktualisierung des „Blift“-Beitrags ist zwar aufgeschoben, aber nicht aufgehoben!
Viele Grüße,
Gunther Schmidt
Was sagt denn http://new.myfonts.com/WhatTheFont/ zu den verwendeten Schriftarten (das schief eingescannte Bild schluckt es leider nicht)?
Da habe ich es auch versucht (natürlich mit geradem Bild), aber leider ohne Erfolg. Auf den ersten Blick gab es zwar Passendes, doch beim zweiten zeigten sich deutliche Unterschiede.
Beim Durchsehen alter Beiträge bin ich auf den Blift gestoßen, dazu ist mir noch nichts eingefallen. Aber bei den schönen Detailfotos der Spitze des grünen (beigen?) Geha Ultra Pen hatte ich ein déjà-vu Erlebnis. Diesen Stift, mit dickerer Mine, ohne Minenführungsröhrchen und mit weisser Drehkappe, habe ich vor langer Zeit häufig verwendet. Und immer habe ich mich gefragt, was diese drei ungefähr dreieckigen Löcher in der Spitze für einen Zweck haben. Ich glaube, diese Löcher und die immer noch ungelöste Frage haben wesentlich dazu beigetragen, dass mir der Stift wieder eingefallen ist. Ob wohl irgendwer näheres zu den Löchern weiß?
Da ich nicht erkennen kann, dass diese Löcher eine Funktion haben und auch die Gestaltung des Stifts dadurch nicht gerade gewinnt, nehme ich an, dass sie fertigungsbedingt sind. Ich gehe davon aus, dass der Schaft im Spritzgussverfahren hergestellt wurde; vielleicht halfen diese Öffnungen beim Materialfluss oder der Entformung.
ich habe einen kreuzer jass stift , und suche erzatzminen dazu , wo bekomme ich sie ?
Welchen Durchmesser hat denn die Mine?
Bei der Produktion des BLIFT-Gehäuses (Spritzguss)tauchte ein sogenannter Formkern in die Formbuchse der Spritzgussform ein. Der Formkern war vorne mit einer eingepressten Metallspitze ausgestattet, die mittels ihrer dreieckigen Form den Formkern in der Formbuchsenspitze arretierten. Durch die dadurch fest anliegenden drei Ecken der Spitze ließ sich dort beim Spritzvorgang mangels Hohlraum keine Kunststoffmasse ausformen, so dass an dieser Stelle aus rein spritztechnischen Gründen zwangsläufig drei kleine Löcher übrigblieben.
Da diese drei Druckpunkte sich nach und nach durch Verschleiß vergrößerten, musste nach einer gewissen Produktionszeit die Formkern-Spitze ausgetauscht werden.
Danke für diese sehr interessanten und aufschlusreichen Details! Waren Sie mit der Produktion des BLIFT beschäftigt?
Vielen Dank auch von mir, Herr Böhm. Nach Jahrzehnten wurde dieses Mysterium endlich geklärt.
Eine Frage an den Blogbetreiber: Auf der Homepage gibt es die Rubrik „Neueste Kommentare“ mit knapp 10 Einträgen. Bietet das Blog irgendwo auch eine weiter zurückreichende (invers) chronologische Kommentarliste?
An Bord habe ich keine Werkzeuge für eine solche Liste, aber ich werde bei Gelegenheit versuchen, sie mit PHP oder einem Plugin umzusetzen.
Ich habe neben ein paar oben beschriebenen Bleistiften noch eine Packung mit Buntstiften Geha 812/ 10. Die Minen werden sicher irgendwann abgeschrieben sein. Bekomme ich dafür noch Ersatz? Immerhin habe ich die Geräte schon länger als 40 Jahre, habe schon an Entsorgung gedacht.
Der Geha war ebenso wie der baugleiche Blift nicht zum Nachfüllen ausgelegt, und so waren die Minen auch nicht separat erhältlich. Die Bleistiftmine ist 0,9 mm dick, so dass sich bestimmt etwas Kompatibles finden lässt, doch bei den Farbminen (deren Dicke ich nicht kenne), wird es allein schon dadurch knifflig, dass es nur noch sehr wenige Farbminen gibt (und diese sind meist 0,5/0,7 und 2,0/3,2 mm dick).
Habe gerade beim Aufräumen eines lange nicht benutzten Schranks zwei Original-Kartonverpackungen mit sechs Ultra Pen 803 HB bzw. sechs Ultra Pen 801 HB gefunden. Stammen wohl noch von meinem Vater, der 1973 kurz vor seiner Pensionierung als Revisor stand. Funktionieren noch einwandfrei und werden mich sicher auch überleben, wenn sie denn jemand nutzt und nicht entsorgt.
Das ist ja ein toller Fund, und dann noch mit einem persönlichen Bezug – halten Sie ihn in Ehren!