Diese Postkarte aus dem Jahr 1925 mit aufgeklebter Reklame für die „Granate“ ist die älteste mir bekannte Erwähnung des klassischen Handspitzers.
Die Karte trägt auf der Rückseite unvollständige Mengen- und Preisangaben zu Musterklammern, Büronadeln1, Clipsen und Anfeuchtern, was zusammen mit dem gerissenen oberen Rand vermuten lässt, dass sie aus einem Katalog für Bürobedarf herausgetrennt wurde.
Die „Kleine Anspitzer-Fibel“ von Leonhardt Dingwerth enthält eine sehr ähnliche Abbildung und nennt als Quelle den Katalog eines Wilh. Schweizer um 1900, aber da Dingwerth auch angibt, der Franzose de Thierry habe am 16.4.1847 das Patent auf die „Granate“ erhalten, was nicht stimmt, habe ich Zweifel an der Quellenangabe. Dingwerth nennt zudem Möller & Breitscheid als Hersteller, doch dieses Unternehmen war eine reine Vertriebsfirma. – Bemerkenswert ist, dass das Warenzeichen „Granate“ erst im Jahr 1939 für Möller & Breitscheid in Köln registriert wurde.
Diese Reklame führt uns zwar ein Stück weiter in die Geschichte der „Granate“, sagt aber nicht, wann, wo und von wem dieser Spitzer zum ersten Mal hergestellt und angeboten wurde. Die Suche geht weiter!
Nachtrag vom 30.4.15: Die „Granate“ im Illustrierten Hauptkatalog des Kaufhaus des Westens aus dem Jahr 1913:
Dieser Spitzer ist damit über 100 Jahre alt.
Nachtrag vom 15.5.15: Aus dem Stationery Catalogue № 1 (1911–12) von W.J. Gage & Co. Limited, Toronto:
Die hier „Cartridge“ genannte „Granate“ gab es also bereits 1911 in Kanada.
- Gemeint sind damit Büroklammern, wie die Abbildung belegt.↩
So, so, eine Drucksache an die Firma Schulte in Siegburg.
Scrollen sie hier mal ganz weit nach unten http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/51092/newsletter.html :-)
Oh! Dann war Schulte erst ein Schreibwaren- und Zeitschriftengeschäft und hat später dem Schallplatten-Hochköpper Platz gemacht. Ist mir beides sympathisch :-)
> Ist mir beides sympathisch :-)
Heute findet sich unter der Adresse, ich traue mich kaum es zu schreiben, die „fresh nails Beauty Lounge“.
Man kann da ein bisschen über jeweils Moderne Zeiten fabulieren. Ein Schreibwarengeschäft macht dem neuen Medium Schallplatte platz. Jahrzehnte später ist ein Nagelstudio moderner als ein Plattenladen.
Noch was zum Fritz Schulte? „Fritz“ nicht nur, weil die beiden Buchstaben vor dem Schulte auf der Karte ein „Fr“ sein könnten, sondern auch:
http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/archiv-alt/ausgabe/index_0076340.html
„Vor 100 Jahren – 13. Oktober 1910
In Siegburg haben sich Geschäftsleute zu einem Rabatt-Sparverein zusammengeschlossen. Bei Käufen gibt es die blaue Siegburg-Rabattmarke, die wieder eingelöst werden kann. Im Juli zahlte die Volksbank 1160 Mark, im August 1170 und im September 1275 Mark an die Kunden zurück. Rabatt sei kein Geschenk, sondern Anerkennung für Barzahlung, das Sammeln von Rabattmarken für jede kluge Hausfrau ein Beweis der Tüchtigkeit und Sparsamkeit, werben die Geschäftsleute. Die Liste der dem Rabattsparverein angehören Geschäfte erlaubt einen guten Einblick in die Geschäftswelt von damals:
…
Fritz Schulte, Papier-, Schreibwaren u. Bilderhandlung, Buchbinderei und Einrahmungsgeschäft, Kaiserstraße 64[sic];
…“
Der Fritz machte offensichtlich so einiges. Zwei Jahre später zum Beispiel eine kleiner Erweiterung des Angebotes:
http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/20865/newsletter.html
„Vor 100 Jahren – Mai 1912
Aus dem Anzeigenteil:
…
Leihbibliothek: August Scherl, pro Band und Woche 10 Pfg. Ausgabestelle Fritz Schulte, Kaiserstraße 68.“
Der Name August Scherl war mir kein Begriff. Googeln bringt zu Tage, dass er ein Pressemogul und Pressegroßverleger seiner Zeit war. In sein damals extrem neuartiges Leihbibliothek-System soll er für die damalige Zeit wahnsinnige 2 Millionen Mark investiert haben. Der Fritz, in diesem Provinznest, machte mit.
Zum Schluss noch was vom Fritz. 1931 hatte er einen weiteren Geschäftszweig am Start:
http://www.akpool.de/ansichtskarten/24104014-ansichtskarte-postkarte-siegburg-rheinland-fritz-schulte-kaiserstrasse-68
„fresh nails Beauty Lounge“? Oha. – Danke für die Details! Der Fritz Schulte war offenbar ein recht aktiver Mensch.
Woher kommt denn Ihre Nähe zu Siegburg? Sind Sie aus dieser Gegend oder wohnen Sie gar dort?
Eine ehemalige Freundin kam aus Siegburg. Das man 100 Jahre später noch einen kleinen Einblick bekommen kann wo die Karte gelandet ist und was der Adressat damals so gemacht hat ist ein großer Zufall.
Das ist allerdings ein bemerkenswerter Zufall! Kleine Welt ;-)