Über das Notizbuchblog, das stets akkurat über das Marketing aus der PBS1-Welt berichtet, bin ich auf die „Mind-Papers“2 von X17 aufmerksam geworden.
Bemerkenswert an den „Mind-Papers“ finde ich die Diskrepanz zwischen der Einfachheit des Produkts und der werbenden Überhöhung seines Nutzens. Den von einem Stück Leder eingeschlagenen Karteikarten, die durch eine Foldback-Klammer mit Stiftschlaufe, genannt „Sloop“, zusammengehalten werden, spricht X17 beeindruckende Leistungsmerkmale zu:
- „Zusammen mit der Stiftklemme »Sloop« entsteht ein vollkommen neues Instrument zur Selbstorganisation, das so flexibel ist, dass es fast überall eingesetzt werden kann“3
- „Ihr könnt problemlos euch selber, eure Notizen oder Dinge des täglichen Lebens managen“4
- „Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt!“3
In seinem Buch „Management by Karteikarte – Die neue Zettelwirtschaft“, das zu den „Mind-Papers“ empfohlen wird, legt Matthias Büttner, der Geschäftsführer von X17, noch eins drauf, und so findet sich unter „Lernen“ der Eintrag „Verhalten ändern“. Oha!
STIFT & PAPIER wirft einen genauen Blick auf die „Mind-Papers“5 und stellt einige Fertigungsmängel fest: Die Karteikarten sind nicht gleich groß, und die Filzstückchen an der Klammer, die Leder und Stift schützen sollen, sitzen und passen nicht so recht. Beim Blick auf die Fotos dachte ich noch an anderes: Verhindert der Filz im Klammerinnern wirklich Druckstellen? Ich denke nicht, denn irgendwann ist der Filz platt, und wenn er sich lösen sollte, können Kleberreste bleiben. Und: Den Filz auf der Rückseite, der den Bleistift beim Einstecken schützen soll, halte ich sogar für entbehrlich, wenn man die Schlaufe umgestaltet. Und damit geht es ans Basteln.
Wir brauchen:
- 1 Foldback-Klammer (hier: eine 32 mm breite von WEDO)
- Leder, etwa 15 × 17 cm (hier: naturgegerbtes Rindsleder, ca. 1,5 mm dick)
- 25 Karteikarten im Format A7 (hier: Exacompta, 205 g/m
2 , gelb, kariert)
Wie hier üblich bedarf es keiner besonderen Fähigkeiten oder Gerätschaften – grundlegende Fingerfertigkeiten und der im gut sortierten Bastelhaushalt anzutreffende Kram reichen.
Der 17 × 11 cm große Lederlappen für die Karteikarten ist schnell zugeschnitten; eine Anleitung dazu erspare ich mir. Es empfiehlt sich, ihn etwas über den Rand der Karteikarten hinausstehen zu lassen (ich habe ihn 17 × 11 cm groß gemacht). – Tipp: Die Ecken kann man leichter verrunden, wenn man eine Münze an die Ecke hält und an ihrer Kante entlang schneidet.
Für die Stiftschlaufe schneidet man einen Lederstreifen in der Breite der Foldback-Klammer; der Streifen sollte etwas länger sein als nötig. In seiner Mitte bringt man im Abstand von 5 mm vom Rand zwei ungefähr 1,2 mm lange Schnitte ein. (Die Länge der Schnitte hängt vom Leder ab; je dicker es ist, desto länger müssen sie sein. Das Maß von 1,2 mm gilt für das verwendete Leder mit einer Dicke von 1,5 mm.) Sitzt der Bleistift stramm, haben sie die richtige Länge.
Nun setzt man die Klammer auf einen Block oder ein Brett, damit sie etwas weniger weit geöffnet ist als später auf dem in Leder gehüllten Karteikartenstapel. Anschließend richtet man den Lederstreifen mit eingestecktem Stift stramm so auf der Klammer aus, dass der Stift mittig auf der Klammer sitzt, markiert das überstehende Leder und schneidet es ab. Besonders hier lohnt es sich, sorgfältig zu arbeiten.
Das Leder – natürlich ohne Bleistift – klebt man auf die geöffnete Klammer, da sonst der Stift beim späteren Öffnen der Klammer nicht fest genug gehalten wird und herausfallen kann.
Ich habe Pattex Classic benutzt und damit gute Erfahrungen gemacht. – Das hier gezeigte Brett hat eine Dicke von 12 mm und so ein geeignetes Maß.
Nach dem Trocknen des Klebers löst man die Klammer und entfernt eventuelle Klebstoffreste.
Wie schon oben zu sehen, muss das Leder auf den Außenseiten der Schnitte zur Foldback-Klammer hin gedrückt werden. Auch wenn es nach kurzer Benutzung in dieser Form bleibt, so ist es doch ratsam, es mit einem Tropfen Kleber zu fixieren, um ein Verrutschen beim Einstecken des Stifts zu vermeiden6.
Die beiden niedergedrückten Streifen am Rand machen das Filzstück auf dem Rücken der Foldback-Klammer überflüssig, da sie den Kontakt von Stift und Metall verhindern. – Der fertige Selbstbau kann schließlich so aussehen (ich habe das Leder noch mit einem Pflegemittel behandelt):
Wenn der Stift zu stramm sitzt, kann man die Schlitze vorsichtig etwas größer schneiden. – „Der Stift dazu ist ungemein praktisch“7, meint X173 – klar, denn unbeschriftete Karteikarten haben längst nicht das Potential beschrifteter. Ich habe nichts dagegen, dass man kräftig auf die Werbetrommel haut, doch durch Sprüche wie die hier zitierten fühle ich mich veralbert. Warum ich das dann nachbaue? Ich habe Freude an Bleistiften, Karteikarten und kleinen Basteleien, doch ob ich das Endprodukt nutzen werde, halte ich für fraglich.
„Verhalten ändern“ – ja, selber denken und selber machen.
Ich denke, dass der Reiz auch dieses Produkts darin liegt, dass es suggeriert, mit ihm – endlich! – das schaffen zu können, was man bisher nicht oder nur unzureichend geschafft hat. Der kleine, ästhetische Gegenstand erscheint als universelle Lösung, und das umso mehr, je mehr Fähigkeiten ihm zugesprochen werden. Der Zaubertrank aus dem Schreibwarenladen! Doch eines Tages muss man feststellen, dass man den Alltag mit ihm auch nicht besser auf die Reihe kriegt, nach wie vor viel vergisst, nicht kreativer geworden ist und die schlechten Angewohnheiten immer noch nicht abgelegt hat, und dann landet er bei den anderen Wundermitteln in der Schublade.
Nachtrag vom 1.7.19: Die Stiftklemme „Sloop!“ (die übrigens tatsächlich patentiert ist, siehe „Vorrichtung zur Verbindung zweier Gegenstände“) hat ein Update erfahren. Hatte die alte Variante (noch hier zu sehen) keine Schlitze im Leder und ein Filzstück zum Schutz des Stiftes, so verfügt die neue Variante über die von mir vorgeschlagene Umgestaltung mit zwei Schlitzen.
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- Papier, Büro, Schreibwaren.↩
- Wer dabei an den „Hipster PDA“ denkt, liegt nicht ganz falsch.↩
- Quelle: „Das Konzept Mind-Papers“.↩↩↩
- Quelle: „Mind-Papers – wahrlich universell“.↩
- Der Preis für die „Mind-Papers“ liegt je nach Format und Material zwischen 9,90 (A8) und 29,90 Euro (A5); den „Sloop“ gibt es für 4,90 bis 5,90 Euro.↩
- Wer Klammer und Bleistift noch schneller verbinden möchte, wird hier fündig.↩
- „Mit ihm kann man sogar die Rückseite der Karteikarten beschriften”, bin ich geneigt hinzuzufügen; zudem wundere ich mich, warum der Radierer keine Erwähnung findet.↩
Guten Morgen, Herr Schmidt,
das ist super. „Bastele Dir Deine Mind-Papers selbst!“
Die Idee, dass man Leder einfach einschneidet und dann aufklebt – genial.
Ein Tipp: Das Stück Leder lieber etwas länger machen, und zwar so lang, dass es mit eingestecktem Stift innen nicht an die Foldbackklammer kommt. Dann kommt der Spann-Effekt der Foldbackklammer nicht zum Tragen! Dann reicht Pattex Classic auch aus!
Und wenn Sie sich für das Buch „Verhalten ändern“ interessieren, dann melde ich mich, wenn das Buch veröffentlicht ist.
Und wenn Sie sich für das Buch „Mathe-Max -Kopfrechnen mit den Mind-Papers“ interessieren, dann melde ich mich auch, wenn es präsentationsfähig ist.
Inhaltlich fertig sind beide Bücher, aber die Form ist noch nicht optimal.
Darf ich in einem Post auf Ihren Bastel-Tipp hinweisen?
Und noch etwas – wollen Sie sich mal meinen Sloop ansehen und testen? Ich würde Sie bemustern!Welches Format?
Schöne Idee! Das verlockt doch auch mal es selbst zu basteln.
P.S. Ich finde es, nachdem ich nun deinen Artikel auch nochmal mit Fußnoten gelesen habe, auch etwas zu Pompös aufgebaut. Gebe dir in viele Punkten meine vollste Zustimmung.
„Der Stift dazu ist ungemein praktisch” 8^D
Dank für die tolle Anleitung, jetzt brauche ich nur noch einen Lederlappen und Zeit.
I think I prefer your version because that way the metal of the clip will scratch the pencil less! :)
Matthias Büttner: Danke für Ihr Angebot, aber an Ihren Büchern habe ich kein Interesse, da ich den ganzen werbenden Überbau Ihrer „Mind-Papers“ für so überzogen halte, dass er schon fast an eine Parodie heranreicht. Auch einen „Sloop“ brauche ich nicht, da er – ebenso wie mein Nachbau – hier nur ungenutzt herumliegen würde. – Selbstverständlich können Sie auf meinen Beitrag verlinken; das ist ja ein Nutzen des Internets.
Mac: Danke, das freut mich! Ja, das Nachbasteln kann Spaß machen, und mit etwas Glück hat man dabei noch eine Idee zur Umgestaltung. Interessant wäre eine Lösung, bei der der Stift immer mit der gleichen Kraft gehalten wird, ganz gleich, ob die Klammer geöffnet oder geschlossen ist, und bei der auch nicht die Gefahr besteht, dass die Schlaufe ausleiert, wenn der Stift in der geschlossenen Klammer verbleibt. Bei meinen früheren Basteleien habe ich u. a. einen Kunststoffschlauch auf den Rücken der Klammer geklebt, doch diese Lösung funktioniert nur bei einem bestimmten Stiftdurchmesser (und ist natürlich nicht so attraktiv wie die mit Leder). – Ja, bei dem werbenden Drumherum wäre weniger mehr.
Matthias: Dass Stifte praktisch sind, ist für uns ja nichts neues ;-) Es freut mich, dass Dich die Anleitung anregt!
Sola: Thank you, I’m happy to hear that :-) The felt pad on the back of the binder in the original version may protect the pencil a little but if one inserts the pencil at a slight angle it touches the edges of the binder; this could damage the pencil. Besides that, the felt pad may become flat, get dirty or even off the clip, and in the worst case only the glue remains.
Vielen Dank nocheinmal für den „Kick in the ass“.
Ich bin da schon noch Infos bezüglich der Verhaltensänderung schuldig – habe gerade die Website dazu fertig gemacht: Die THINK!-Methode.
http://www.x17.de/de/mind-papers/verhalten-aendern-mit-der-think-methode/
Hier annonciere ich das Buch zum Thema „Verhalten ändern“.
Mit dem Buch und mit den Mind-Papers sollte es bei den meisten funktionieren.
Wenn ich irgendwie noch dazu komme, ergänze ich auch noch die Site zum Thema „Mathe-Max: Kopfrechnen lernen mit den Mind-Papers“.
Das ist nciht revolutionär, aber jetzt, dank der Mind-Papers irgendwie praktisch und haptisch schön!
Ich melde mich dann!
@Matthias Büttner:
Sie sollten Ihr eigenes Verhalten zum Positiven ändern, indem Sie sich in anderer Leute Blogs wie ein dezenter Gast benehmen und sowohl dem Gastgeber als auch seiner Leserschaft keine weitere penetrant wirkende Werbung in eigener Sache zumuten. Ist ja peinlich bis zum Fremdschämen! :-(
P.S.: „Im Sagen ist es nicht getan, im Tun ist es gesagt.“
Ich wünsche mir eine Bastelanleitung zu diesem von Herrn Büttner vertriebenen Produkt, dem erstaunliches nachgesagt wird.
Das ist einfach: Man nehme einen handelsüblichen Gummiball aus dem Spielwarenladen und gebe ihn 2 Minuten lang in Kishos scharfzahnige Obhut: Fertig ist der perforierte Wunder-Wasch-Ball!
Matthias Büttner: Bitte verzichten Sie zukünftig auf Werbung in meinem Weblog.
zonebattler: Danke für die deutlichen Worte. – Der werbende und missionarische Eifer mancher Zeitgenossen geht leider oft mit einer überschaubaren Fähigkeit zur Selbstreflexion und -kritik einher.
Reaktorblogführer: Meine Familie nennt mich gerne (und zurecht) „Held der Hausarbeit“, und so bin ich bisher sehr gut ohne diese Wäschewunderwaffe ausgekommen. Mangels Wissen um dessen Funktionsweise kann ich daher leider nicht mit einer Bastelanleitung dienen.
zonebattler: Eine hervorragende Idee! Kishos beeindruckende ballbearbeitende Fähigkeiten gibt es hier zu bewundern.
Da mir die „Mind-Papers“ selbst in A8 noch viel zu groß sind, habe ich mal kräftig nachgedacht. Hier der erste Prototyp der „Nano-Papers“ mit 30 Karteikarten im Format A9 für das erfolgreiche Management beruflicher und privater Projekte jeder Art selbst auf kleinsten Raum (Bild zum Entkleinern anklicken):
Nimmt man dünnere Karteikarten, lässt sich die Kapazität der „Nano-Papers“ beträchtlich steigern.
Profi-Tipp: Bringt man die Klammer an der gegenüberliegenden Längsseite an, hat man komfortablen und blitzschnellen Zugriff auf die wichtigste Aufgabe des Tages, ohne das, na, Ding zerlegen zu müssen (Bild für eine professionelle Ansicht anklicken).
Das ist ein toller Tipp, probieren wir gleich mal aus. Wobei einer von uns leider zwei linke Hände hat. Danke!
Bitte, gerne! Es freut mich, dass Sie mein Beitrag zum Nachmachen anregt.
Leider ist die penetrante Kommentarwerbung und die offensichtliche Selbstüberschätzung von Herrn Büttner wohl Teil seines X17 Marketingplans. Er und sein Adlatus „Subcess“ (Manager des X17 Blog) jeder dritte Tweet ist beleidigend, verachtend und enthält das Wort „Scheisse“ https://twitter.com/search?f=realtime&q=%40subcess%20scheisse&src=typd sind auch irgendwie unsympathische Zeitgenossen, wenn man sie so auf Twitter & Co betrachtet. Die X17 Produkte sind ja nicht schlecht. Aber sie mit abgedroschenen, nichtssagenden Werbefloskeln zu versehen und so zu tun, als ob es der Weisheit letzter Schluss wäre, ist schon komisch. Weniger wäre da mehr!
Ich kann ja verstehen, dass man trommeln will und muss, doch ab einem gewissen Ausmaß fühle ich mich als Kunde nicht mehr ernst genommen, vor allem dann, wenn – wie hier – das Marketing in meinen Augen nicht mehr so recht zum Produkt passt. Während das Produkt minimalistisch daherkommt, wirkt das Marketing auf mich so, als hätte man alles, was einem eingefallen ist, untergebracht. Antoine de Saint-Exupéry sagte einmal: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“ So wäre auch hier weniger mehr, und obendrein könnte man damit dem Auftritt auch etwas Eleganz und Professionalität geben.
Also wenn mir den Text und die Kommentare hier so durch lese komm ich mir vor wie im Kindergarten. Hier verwechseln wohl einige Leute Berichterstattung mit Meinungsmache. Schade… das schmälert doch deutlich den Lesegenuss. Auf Fertigungsschwächen hinzuweisen ist dabei völlig legitim. Nur diese dann in Verbindung mit dem Marketingkonzept zu bringen hinterlässt einen schalen Beigeschmack. Es legt nämlich den Verdacht nahe, dass das das Produkt aufgrund des Marketings ausgewählt wurde und man nun enttäuscht ist, wie ein kleines Kind von seinem Geburtstagsgeschenk und der „Schenkende“ meint auch noch sich rechtfertigen zu müssen. Aussenwirkung schlechter Stil von beiden Seiten.
Wer sich zur Disposition stellt – so wie in diesem Fall mit einem Produkt und einem Konzept –, muss mit Kritik und abweichender Meinung rechnen (und nicht immer fallen diese so konstruktiv aus wie hier). – Der Verdacht ist übrigens unbegründet, denn mein Hauptaugenmerk lag auf der Verbesserung der Stiftklemme.