Kalender? Tagebuch? Notizbuch? Alles in einem! Aber der Reihe nach.
Der japanische Autor und Gestalter Shigesato Itoi1, Betreiber der Website Hobo Nikkan Itoi Shinbun (kurz „Hobonichi“), hat 2001 zum ersten Mal den von ihm entworfenen Planer Hobonichi Techo („Techo”, 手帳 auf dem Cover, heißt hier „Notizbuch“) angeboten. Nach dem großen Erfolg2 des Techo in Japan erschien 2013 zusammen mit Arts & Science die erste englische Ausgabe; bei der zweiten für das Jahr 2014 habe ich zugegriffen.
Der Techo ist zwar nur 14 mm dick, hat aber 464 Seiten, was durch die Verwendung des sehr hochwertigen „Tomoe River“-Papiers3 mit nur 52 g/m² möglich wurde. So gibt es nicht nur für jeden Tag des Jahres eine ganze Seite, sondern auch noch zwei weitere Kalendarien, Notiz- und einige informative Seiten. Wer nun denkt, man könne dieses Papier aufgrund seiner geringen Dicke nur eingeschränkt nutzen, liegt falsch – gerade diejenigen, die mit Füllfederhalter schreiben4, sind vom Tomoe River begeistert, und auch mit Bleistiften5 und Tintenrollern6 harmoniert es hervorragend (lediglich ein starker Schreibdruck ist ungünstig, wirkt er sich doch gleich auf mehrere Seiten aus7). Dank des leichten Papiers und der Fadenheftung liegt der Techo zudem flach, was seinen Gebrauch sehr angenehm macht.
Aus der Vielzahl der Schutzhüllen habe ich das Standardcover aus Polyester gewählt (das aus Leder wäre mir lieber gewesen, doch dieses ist erst wieder im Februar 2014 erhältlich). Mit zahlreichen Taschen auf den Innenseiten und einer auf der Rückseite bietet es Platz für flache Dinge. Ein transparentes „Cover on Cover“ gab es gratis; man kann es darüberziehen und mit Dekorativem befüllen. – Der Verschluss und die beiden Lesebändchen sind schlicht und funktionell.
Alle Kalendarien haben das in Deutschland unübliche 4-mm-Raster mit gepunkteten Linien, das mir gut gefällt.
Jedem Monat ist eine nützliche „Coming Up!“-Seite vorangestellt (gut möglich, dass diese eine der Kundenideen war, die über die Jahre in den Techo eingearbeitet wurden).
Am unteren Rand der Doppelseiten des Hauptkalendariums finden sich Zitate8, von denen mir jedoch nur wenige zugänglich sind.
Die Verarbeitung ist hochwertig, und die Gestaltung – vor allem die Typografie – finde ich geschmackvoll. – Der informative Teil enthält auch einen „Guide to Sushi“.
Für die weiteren Details des Techo verweise ich auf die Übersicht unter „Hobonichi Planner Features“ (eine so ausführliche Beschreibung eines Kalenders oder Notizbuchs habe ich übrigens noch nie gesehen).
Der Techo kostet 2500 Yen, das Standardcover 1500 Yen und für den Versand fielen 1800 Yen an; so kam ich auf insgesamt 41 Euro. Von der Bestellung bis zum Eintreffen vergingen fünf Tage, und da der Dezember 2013 mit zwei Tagen pro Seite vertreten ist, kam der Techo sofort zum Einsatz.
Hat sich der Kauf gelohnt? Ich denke ja. Für eine abschließende Bewertung ist es zwar noch zu früh, doch die Qualität, die Gestaltung und das Papier lassen mich den Hobonichi Techo mit Freude nutzen.
- Ein Interview mit Shigesato Itoi gibt es im PingMag. – Einiges mehr erfährt man unter „Shigesato Itoi shares lots of ‘delicious life’“.↩
- Viele Beispiele der kreativen und oft verspielten Verwendung des Techo zeigt das Tumblr-Weblog Hobonichi Love.↩
- Das „Tomoe River“ der Tomoegawa Co., Ltd. (Tokyo), erhältlich in Grammaturen von 33 bis 85 g/m², wurde für den Druck u. a. von Katalogen entwickelt, um Versandkosten zu sparen; ich habe es über die sehr guten Notizbücher von Design.Y, in denen es ebenfalls steckt, kennengelernt. – Eine ausführliche Besprechung des Papiers gibt es unter „Tomoe River Paper Review“.↩
- Ich schreibe nicht mit Füllfederhalter, versuche mich aber ab und zu mit dem Pilot Parallel Pen in Kalligrafie. Dieser gibt die Tinte sehr großzügig ab, was natürlich auch an der Breite der Feder liegt, doch selbst mit diesem gibt es auf dem Tomoe River kein Ausfasern oder Durchschlagen.↩
- Getestet mit den holzgefassten Bleistiften STAEDTLER Mars Lumograph 100 B und Pentel Black Polymer 999 HB, den Druckbleistiftminen Pilot Eno NeoX B und 2B sowie den Radierern Tree’s Air-in Soft von Plus, Faber-Castell Dust Free und Tombow Mono Zero.↩
- Getestet mit dem Mitsubishi uni-ball eye fine. – Auch der STAEDTLER pigment liner macht sich mit diesem Papier sehr gut.↩
- Wer manchmal fester aufdrücken will oder muss und den Kauf des Pencil Board scheut, schneidet sich ein Stück steifer Kunststofffolie zurecht, legt diese beim Schreiben unter das Blatt und verstaut sie bei Nichtgebrauch in einer der hinteren Taschen des Covers.↩
- Die erste englische Ausgabe des Hobonichi Techo enthielt ausschließlich Zitate von der Hobonichi-Website und von Sonya Park, der Inhaberin von Arts & Science; dies ist nun nicht mehr der Fall.↩
Auf was für einem netten Hintergrund liegt der Planer?
Er liegt auf einem sog. Tenugui, einem traditionellen japanischen Handtuch; ich habe es unter „Stift und Stoff“ kurz vorgestellt.
What a beautiful and non-generic planner. I like the grid, and the date of the month on the edge of the page (looking like a dictionary’s thumb notch), and the touch of orange, and the manicule, and the sushi. And are those lines of poetry at the bottom of the Wednesday page?
I am happy to hear that you like this planner too. It has many beautiful and well thought-out features and is a pleasure to use, especially with the outstanding Tomoe River paper. – The main calendar has quotes on every double page. Unfortunately many of them aren’t accessible to me; however, I enjoy some like the one in the photo:
(„The Golden Words of Safety Match”) Quite fitting for New Year’s day.
I wouldn’t mind a special edition with quotes from Zen Buddhism ;-)
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Hallo, guten Morgen!
Schön, wenn man beim Frühstück schon ´was zeichnen kann.
Dass ich das überhaupt nie kann, es aber zumindest einmal im Jahr sehr bedauere, das kommt so:
An einem Hl. Abend, ich war vielleicht 10, oder 11 Jahre alt, saß ich nach dem Erhalt der Geschenke in der noch warmen Küche. Die Eltern waren schon zu Bett gegangen, und ich hatte grosse Freude mit 2 Bleistiften. Der Stenoblock lag vor mir (wir lernten noch Stenografie) und ich konnte die ungespitzten Bleistifte – damals schon – mit dem Taschenmesser schöner anspitzen, als mit jedem noch so guten Spitzer (!)
Das war ja schon die halbe Freude, und ich stenografierte so vor mich hin, einmal mit dem roten, und dann wieder mit dem grünen Neuen. Marmoriert waren sie beide, und sie hatten auch einen kleinen Radiergummi am anderen Ende.
Eine Zeichnung, vielleicht eine Postkarte, lag vor mir, mit dem schönsten Weihnachtsmotiv, das ich je im Leben gesehen hatte. Bis heute. Ein sehr einfaches Motiv, sparsam, in den Farben, vielleicht auch nur eine Zeichnung.
Dieses Motiv suche ich, mindestens einmal im Jahr, aber – egal was ich im Internet auch abkrabble – ich find´s nicht. Selber zeichnen, ja, das wär`s, dann hätte ich endlich Ruh´, aber ich kann´s nicht. Stenografieren, das ja, wenigstens das. Ist auch was, denke ich dann. Das geht ja noch prima, aber……..Zeichnen………, das wäre schön. Und wenn´s nach Mandarinen und Vanillekipferl riecht, dann erst recht.
Schöne Feiertage:
Albert
Na ja, als „Zeichnen“ würde ich meine Kritzeleien nicht bezeichnen – da gehört noch einiges mehr zu.
Danke für diese schöne Geschichte! Wenn es um die im Vergleich zu heute wenigen Dinge geht, über die wir uns als Kind gefreut haben, dann sage ich gerne: Wir hatten weniger, aber davon hatten wir mehr. Ich bin wahrlich kein Konsumasket und habe von vielem erheblich mehr als nötig oder gar sinnvoll, spüre aber, dass diese Breite manchmal auf Kosten der (Erlebnis-)tiefe geht. Werden sich Kinder, die heute jährlich ein neues Smartphone, eine neue Konsole oder ähnliches bekommen, jemals so detalliert an ihre Freude, die einzelnen Dinge und die Umstände ihres Erlebens erinnern können?
Ich denke, dass jeder zumindest ein wenig zeichnen lernen kann. Fangen Sie einfach an, und wenn – was ich nicht glaube – nichts dabei herauskommt, so sehen Sie nach Ihren Versuchen viel mehr und detaillierter als vorher. Zeichnen ist auch eine Schule des Sehens, und allein die lohnt schon den Versuch!
Hallo!
> Wir hatten weniger, aber davon hatten wir mehr. <
Aber schon so`was von……………!
Das Zeichnen habe ich sogar schon probiert. Mit einer Vorlage, ein Taschenmesser. Am nächsten Tag konnte ich es nicht glauben, dass die Zeichnung von mir ist.
Sie haben Recht, mit dem Sehenlernen. Es geht immer nur um´s Anfangen.
Liebe Grüsse: Albert
Und wenn Sie beim Zeichnen am Taschenmesser etwas entdeckt haben, was Ihnen vorher entgangen ist, dann ist genau das passiert, was ich ausdrücken wollte. – Um das Anfangen geht es natürlich auch. Wie sagte Meister Eckhart? „Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.“ (Darauf bezog sich wohl auch Hermann Hesse mit „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“.)
PPIL (Pen Paper Ink Letter): „Hobonichi Techo Planner Will Be Available in Two Volumes in 2015“
I ordered this *sigh* the rough texture of my Semikolon Creativo was starting to get on my nerves. I really liked the old Semikolons…
So you have ordered one? Great – you won’t regret it! What a pity that the Semikolon Creativo suffers from declining quality too. Making everything cheaper doesn’t work in the long run …
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The Japanese Wikipedia page says that the Hobonichi Techo was first developed by a first-year female employee named Matsumoto Junko. The corporate climate in Japan is known to be very unfriendly towards women, but sometimes you get these amazing success stories. :)
http://ja.m.wikipedia.org/wiki/ほぼ日手帳
Thank you for that detail – it’s good to hear!
Gunther, I got a letter from a Japanese friend yesterday who says she doesn’t use the Hobonichi anymore because it „becomes so bulky“…?! For people who use it to scrapbook this will indeed be a problem – it becomes difficult to carry around ;)
If the Techo is used with a cover it’s bulky from the beginning ;-) Of course it gets even more bulky when used as a scrapbook, even if photos etc. are glued in only now and then, but that’s in the nature of a scrapbook.
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