Was könnte sich besser zur dekorativen Aufbewahrung von Bleistiften eignen als ein Behälter, der nicht nur eine frühe wichtige Verwendung des Graphits zeigt, sondern auch fast zur Hälfte aus dem schwarzen Gold besteht?
Diesen 82 mm hohen Tiegel des letzten deutschen Herstellers für Schmelztiegel aus Graphittonkeramik, der Aug. Gundlach KG im hessischen Großalmerode1, habe ich im Museum der Graphit Kropfmühl AG erstanden.
Der „Mars-Tiegel“ setzt sich zusammen aus 46% Graphit, jeweils 14% SiC/Si und Al2O3 und 26% SiO2. Er eignet sich für Betriebstemperaturen bis 1450 °C2 und ist daher auf meinem Schreibtisch unterfordert.
Die Belege für den Gebrauch von Graphit als Beimischung für Ton reichen zurück bis 3000 v. Chr.; auch die Kelten (ca. 500 v. Chr.) nutzten ihn für die Fertigung besonders feuerfester Tonwaren. Mit dem Beginn unserer Zeitrechung enden die Funde von Graphittonkeramik3.
Erste urkundliche Hinweise auf Schmelztiegel aus einem Graphit-Ton-Gemisch datieren auf etwa 1500. Als Ursprungsort gilt das heutige Obernzell im Bayerischen Wald4. – Die Beimengung von Graphit macht die Keramik widerstandsfähig gegen hohe Temperaturen und starke Temperaturschwankungen, wie sie in der Metallverarbeitung üblich sind, sowie gegenüber aggressiven Chemikalien. Darüber hinaus dichtet der Graphit den Behälter ab, so dass auf eine Glasur verzichtet werden kann, und glättet die Wandung, wodurch das vollständige Ausgießen des Inhalts ermöglicht wird. Auch für Kochgeschirr und Öfen wurde der Graphitton genutzt. – Die Graphittiegel kamen zum Teil ungebrannt in den Handel und hielten nur begrenzte Zeit, weil bei jedem Schmelzvorgang ein Teil des Graphits verbrannte und der Tiegel dünnwandig wurde.
Die Produktion dieses sogenannten Schwarzgeschirrs in Obernzell endete mit der Schließung der Firma Oswald & Co. im Jahre 19405.
- Archäologische Funde aus dem 12. Jahrhundert belegen das Aufkommen von Keramik-Schmelztiegeln in dieser Umgebung. – Viele dieser sogenannten hessischen Tiegel sind durch eine dreieckige Öffnung gekennzeichnet.↩
- Zum Vergleich ein paar Schmelzpunkte: Silber 960 °C, Gold 1063 °C, Eisen 1525 °C.↩
- Helm, Winfried; Ortmeier, Martin (Hg.): »Millionenbauern« Bäuerlicher Graphitbergbau im Bayerischen Wald (Freilichtmuseum Finsterau, 2. Aufl. 2011)↩
- Martinón-Torres, M.; Rehren, Th.: Post Medieval Crucible Production and Distribution: A Study of Materials and Materialities, Archaeometry 51, 1 (2009) 49–74 (PDF)↩
- Handbuch und Führer zum Keramikmuseum im Schloß Obernzell (München, 2. Aufl. 1984)↩
sehr schick!
ich hoffe, er färbt nicht ab? :)
Das tut er zum Glück nicht, denn er ist glasiert. – Den Glanz der Gefäße im vorletzten Bild hat man übrigens dadurch erzielt, in dem man sie mit Graphitpulver abgerieben hat. Da dürfte man beim Anfassen einiges abbekommen haben ;-)
Tja, für diesen Zweck werden die kleinen Formate immer gerne genommen.
Großalmerode hat übrigens auch auch sehr interessantes Keramikmuseum.
Grüsse aus der Stadt des guten Tons
Some of the medieval ones may have been used by alchemists trying to turn lead into gold.
Did you happen to find any gold in yours?
Crucible: Der Tiegel ist wirklich sehr ansprechend, und ich bin geneigt, mir noch einen zweiten zu beschaffen, ggf. mit etwas größerer Unterseite wegen der Kippgefahr und mit Ausguss (in Frage kämen der unglasierte A1/2 oder A1). Der gezeigte wird ja – soweit ich weiß – nur als Werbemittel vertrieben und nicht im Katalog aufgeführt. – Das Keramikmuseum habe ich mir notiert!
Michael, since my crucible is brand new I won’t find gold in it. However, while looking at the old ones in the museum I was ruminating about their usage …
Moin,
woher kommt dein Interesse an diesen „schwarzen Diamanten“? Das ist richtig, die kleinen Tiegel werden als Werbemittel vertrieben.
Größere Formate mit findest du dann in manchen Vorgärten von Großalmerode…als Blumentöpfe. Auch das Wappen von Großalmerode schmücken drei A-Tiegel. So stark verwurzelt sind diese Gefäße in diesem Ort.
Gruss
Im Mittelpunkt steht bei mir der Bleistift, doch bei meinem Interesse an Kultur- und Technikgeschichte freue ich mich über die zahlreichen Bezüge, die es zu entdecken gibt, und gehe ihnen zuweilen ausführlich nach. – Danke für den Hinweis auf das Wappen!
Ein Blumentopf aus Graphittonkeramik – das wär’s natürlich :-)
Die blauen Kugeln sind keine Blaubeeren, was immer fälschlich vermutet wird. Sie sollen Tonmurmeln darstellen, welche damals aus Resten gefertigt wurden. Wenn man Glück hat und man an der richtigen Stelle gräbt, findet man ab und zu noch einige Exemplare.
Ein Tiegel für Heim und Garten? Ich denke, das wäre kein Problem. Die Kosten für solch eine Gartenbesonderheit halten sich definitv in Grenzen.
Danke für das Detail zu den blauen Kugeln! Auch ich war geneigt, die Dinger als Beeren zu interpretieren.
Ein Gartentiegel ist verlockend – da werde ich mich doch gleich ein weiteres mal an die Aug. Gundlach KG wenden :-)
Ein toller Tiegel und ein beispielloser Beitrag. Sehr lehrreich. Darf man fragen wie teuer so ein bleistiftgeeigneter Tiegel kommt?
Danke! – Der Titel hat 11,90 Euro gekostet.
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