Ein in mehrfacher Hinsicht schräges Teil ist diese 46 × 28 mm große und vielleicht 80 bis 90 Jahre alte Reklamemarke von Koh-I-Noor, denn neben der sehr ungewöhnlichen Form zeigt sie den beworbenen Namen nur als Beschriftung der abgebildeten HB-Bleistifte und verzichtet auf zusätzliche Angaben.
Koh-I-Noor, 1790 in Wien gegründet und heute in České Budějovice (ehem. Budweis, Tschechien) ansässig, hat Bleistiftgeschichte geschrieben. Ende des 18. Jahrhunderts – die Angaben variieren recht stark – entdeckte der Firmengründer Josef Hardtmuth, der zuvor Töpferware und Steingut gefertigt hat, ein Verfahren zur Minenherstellung aus Graphit und Ton. Damit gebührt ihm und seinem französischen Kollegen Nicolas-Jacques Conté, die zudem beide die gezielte Produktion unterschiedlicher Härtegrade möglich machten, der Verdienst, zum Bleistift, wie wir ihn heute kennen, entscheidend beigetragen zu haben1.
Abgesehen von den Produkten für Künstler sind die zahlreichen anderen von Koh-I-Noor zumindest in meiner Gegend kaum noch anzutreffen und warten meist als Restbestände im Regal auf solche Kunden, die viel Zeit und Spaß am Wühlen mitbringen.
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- Unklar ist, ob Hardtmuth das Verfahren wirklich zeitgleich mit Conté oder gar vor ihm erdacht hat; manche sagen, er habe es von ihm übernommen (siehe dazu auch „H und B“).↩
Gibt es eigentlich eine Erklärung für den etwas unösterreichischen Namen des Unternehmens? Gefühlt würde ich den Hersteller eher in Asien oder auf einem klingonischen Planeten verorten denn in einem unserer sympathischen süd-östlichen Nachbarländer.
Das ist eine gute Frage, doch leider kann ich sie auch nicht beantworten – meine Suche nach einer Erklärung war bis jetzt erfolglos. Mein Eindruck ist allerdings, dass „Koh-I-Noor“ zunächst der Name des Spitzenbleistifts (wohl der auf der Marke) aus dem Programm des Herstellers L. & C. Hardtmuth war und erst danach zum Firmenname wurde.
Übrigens hat Koh-I-Noor auch Bleistifte für die ehemalige DDR produziert, durfte dort jedoch meines Wissens seinen Namen nicht verwenden und trat daher unter „Bohemia Works/Blacksun“ auf (Bild zum Vergrößern anklicken).
Koh-I-Noor ist der Name eines sehr berühmten Diamanten. Kurz dazu die Wikipedia, länger z. B. Westermanns Monatshefte 1864.
Vermutlich wollte derjenige, der sich für den Namen entschieden hat, damit die sehr hohe Qualität unterstreichen, und hat den Umstand, dass sowohl der Graphit als auch der Diamant aus Kohlenstoff bestehen, dankbar mitgenommen.
Aber es gab doch Koh-I-Noor in der DDR !
Ein paar alte Teile habe ich noch irgendwo.
Oh! Dann bin ich falsch informiert. Ein paar Details zu den alten Stiften oder gar ein Foto davon würden mich sehr interessieren!
Mein Standardbleistift in der Schule war (neben Blacksun) der
– CZECHOSLOVAKIA L.&C. HARDTMUTH KOH-I-NOOR 1500 HB –
Bei neueren Modellen steht nicht mehr „L.&C.“.
Dann hab ich noch die farbigen Kopierstifte in rot, grün, blau und gelb:
– CZECHOSLOVAKIA L.&C. HARDTMUTH KOH-I-NOOR 1561 SOFT –
Und nicht zu vergessen unser häufigster Radiergummi:
– CZECHOSLOVAKIA KOH-I-NOOR 300/30 –
(der mit dem Elefant).
Vielleicht auch interessant noch ein paar alte Teile mit immer etwas anderer Beschriftung:
– CZECHOSLOVAKIA BOHEMIA WORKS giraffe-steno 1760 2B –
– CZECHOSLOVAKIA BOHEMIA WORKS Blue Star Cop. 2726 Medium –
– CZECHOSLOVAKIA L.&C. HARDTMUTH Mephisto Copying 2703 M –
(Minen für Fallbleistifte)
Und meine Farbstifte:
– CZECHOSLOVAKIA BOHEMIA WORKS Mondeluz 3700 –
Ist ja klasse – vielen Dank für Deine Mühe mit dieser interessanten Aufstellung!
@Gnu1742: Der Name bedeutet Stift auf tschechisch. Und die Gegend war früher Teil des kuk Österreich-Ungarn. :-)
Wenn ich diesem Wörterbuch Glauben schenken darf, so heißt „Stift“ auf Tschechisch „tužka“. Oder übersehe ich etwas?
Da haben Sie recht. Allerdings wird Kohinoor mittlerweile dort wie bei uns „Tempo“ für Taschentücher verwendet. Übrigens eine Erkenntnis, die ich vor kurzem von einem tschechischen Kollegen in einer Fortbildung erfahren durfte.
Das ist bemerkenswert – danke für dieses Detail! Zu einem generischen Begriff zu werden, ist zweifellos ein Zeichen für großen Erfolg (auch wenn es der Marke selber nicht unbedingt nützt).
einen derartigen generischen begriff haben auch die russen seit jahrzehnten in ihren wörterbüchern –
bleistift heißt:
карандаш
sprich: karadasch -eine avance an die schweiz – caran d’ache.
pardon: sprich: karaNdasch…
Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. „Karandasch“ kommt nicht von Caran d’Ache, sondern bedeutet einfach nur „schwarzer Stein“ und war schon lange vor der Gründung des Schweizer Unternehmens ein im Russischen gebräuchliches Wort.
Hallo,
warum heißen viele von Hardtmuth hergestellte Bleistifte „Mephisto“?
Da muss ich leider passen – das weiß ich nicht.