Mit einer neuen Service-Dimension hat mich heute meine örtliche Filiale der Deutschen Post verblüfft. Mit großer Vorfreude auf die eingeschriebene Sendung, die ich gestern leider nicht entgegennehmen konnte und daher abholen musste, stand ich in der Reihe derer, die ebenfalls das Leistungsangebot des gelben Riesen in Anspruch nehmen wollten. Schon vom Ende der Schlange erkannte ich sehr deutlich das vorwiegend in den Farben des Unternehmens gehaltene und vor dem Schalter aufgehängte Schild mit dem Foto einer lächelnden, dienstgekleideten Angestellten in dynamischer Haltung, einem senkrecht nach unten zeigenden Pfeil und den verheißungsvollen Worten „Service Wartepunkt!“.
Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie ich mir einen „Wartepunkt!“ vorzustellen hatte, und so war ich äußerst gespannt auf das, was mich unter dem Schild erwartete. Langsam rückte die Schlange vor, doch zu meiner Verwunderung zeigten die Kunden, die unter dem Pfeil zu stehen kamen, keine Regung. Hatten sie bereits bei ihrem letzten Besuch einen „Wartepunkt!“ erhalten und bekamen jetzt keinen mehr? Waren die Wartepunkte heute vielleicht schon aus? Oder war ich der einzige, dem nicht auffiel, dass sich die auf dem Schild gezeigte Mitarbeiterin (etwa Pünktchen, die „Wartepunkt!“-Beauftragte?) nicht in der Filiale aufhielt und es aus diesem Grunde heute gar keine Wartepunkte gab? (Dies hätte mich sehr enttäuscht.) Voller Ungeduld und Neugier fieberte ich dem „Wartepunkt!“ entgegen und vergaß dabei zeitweilig sogar das abzuholende Einschreiben, auf das ich mich noch vor wenigen Minuten so gefreut hatte.
Endlich unter dem Schild mit dem Pfeil angekommen, war meine Überraschung groß: Nicht ein, nicht zwei – nein, gleich fünf faustgroße, in die gesprenkelten Bodenfliesen eingelassene Punkte in goldbraunen Tönen und dünnem, kontrastierendem Rand warteten geduldig auf mich (und ich vermute stark, dass unter dem Fuß des Ständers rechts im Bild noch ein sechster wartete). Das waren sie also, die Wartepunkte!
Dieses Serviceüberangebot, dem man selbst mit der Bezeichnung „Wartedoppelpunkt!“ bei weitem nicht gerecht geworden wäre, machte mich sprachlos, doch wie schon bei den Kunden vor mir ließen die akkurat aufgereihten Wartepunkte bedauerlicherweise auch bei mir jede Reaktion vermissen. Waren sie vielleicht verstimmt? Hatte ich einen groben Fehler begangen, etwa meine Schuhe, mit denen ich ihnen recht nahe kam, nicht sorgfältig genug geputzt? Dennoch: Zumindest einer der fünf Wartepunkte hätte ruhig irgendetwas machen, sich zum Beispiel als springender Punkt hervortun können, aber möglicherweise haben sie ja auch auf einen ganz speziellen Kunden gewartet.
Trotz dieses Wermutstropfens konnte die Deutsche Post bei mir kräftig punkten, denn mit einem solch ungewöhnlichen Service wartet nun wirklich nicht jeder auf.